“Peter Henisch ist der Glücksfall eines Autors, in dessen literarischen Gebäuden die Türen zwischen Ernst und Schrägheit offen stehen.” (Die Zeit)
Dies ist trifft definitiv auch auf seinen neuesten Roman Grosses Finale für Novak zu, in welchem Henisch auf ironische Art und Weise die Leidensgeschichte eines vom Leben enttäuschten Mannes äußerst realistisch darstellt.
Von LAURA HANS
Franz Novak ist 55 Jahre alt, als er während eines Krankenhausaufenthalts von den Körpergeräuschen seines Zimmernachbarn Kratky terrorisiert, seine Liebe zu Opernmusik entdeckt. Obwohl Novak zunächst nicht viel mit dieser Art von Musik anzufangen weiß, nimmt er die Kassettensammlung der indonesischen Krankenschwester Manuela samt Kassettenrecorder und Kopfhörer an und entwickelt nach und nach mit ihrer Unterstützung eine Vorliebe für die Oper.
Seine 48-jährige Frau Herta ist das komplette Gegenteil von ihrem fügsamen und harmoniebedürftigen Mann. Die Frisiersalonbesitzerin lässt sich von niemandem etwas gefallen, hält Opernmusik für abartig und hat wenig für Ausländer übrig. Dennoch versucht Novak ihr alles recht zu machen und kommt ihren Forderungen mit der Begründung, dass sie ja auch wirklich Recht habe, immer nach. Bis auf die Sache mit der Opernmusik, die er vor seiner Angetrauten zu verbergen versucht.
Aus dem Krankenhaus entlassen, hat Novak Schwierigkeiten, in sein gewohntes Leben zurück zu finden. Erst wird er nach 25 Jahren bei der Post entlassen und dann ist da noch seine neue Feinhörigkeit, die sich insofern äußert, dass Rasenmäher, Hunde und Pressluftbohrer für ihn zu unerträglichen Lärmquellen werden. Als besonders nervtötend empfindet er jetzt aber die Stimme seiner ständig an ihm herumnörgelnden Frau. Als Herta dann noch dahinter kommt, dass Franz hinter ihrem Rücken Opern hört, hängt der Haussegen vollends schief. Außerdem wirkt er in letzter Zeit irgendwie abwesend, was sie sofort mit einer anderen Frau in Verbindung bringt. Und Herta weiß auch schon mit welcher.
Novak ahnt nichts von Hertas Vermutung und lebt still und unzufrieden, jedoch mit den Freuden der Opernmusik und gelegentlichen Tagträumen von Manuela, sein ereignisloses Leben als Pensionär weiter. Zumindest bis zu dem Tag, an dem Herta sich vornimmt, dem Oberarzt von Schwester Manuelas angeblicher Affäre mit ihrem Mann zu berichten. Auch wenn dieser Denunzierungsversuch keine Früchte trägt, zieht doch wenigstens Novak seine Konsequenzen aus dem Vorfall und verlässt seine Frau für kurze Zeit, bis diese ihn in einer heruntergekommen Pension wieder einsammelt.
In der Zwischenzeit hat Novak eine Art Obsession für die um einige Jahre jüngere Manuela, die allerdings nichts von der heimlichen Leidenschaft des ehemaligen Patienten weiß, entwickelt. Als er sie dann bei seinem ersten Opernbesuch entdeckt und kurzerhand beschließt ihr nachzulaufen und sie anzusprechen, erkennt die Krankenschwester ihren Verfolger jedoch nicht wieder, was Novak in ein schwarzes Loch fallen lässt. Wieder zu Hause hält Novaks Resignation an, allerdings normalisiert sich die Situation zwischen Franz und Herta langsam, da sie sich wirklich um ihren Gatten bemüht. Es ist aber nur die Ruhe vor dem großen Finale, welches sich, wie in der Oper, dramatisch und tragisch, jedoch auch typisch Henisch, also komisch und furios ereignet.
Grosses Finale für Novak ist ein gelungener Roman über einen gewöhnlichen Mann, der im Alter von 55 Jahren die Unzufriedenheit mit sich und seinem bisherigen Leben erkennt und an dem Versuch scheitert, etwas zu ändern. Dabei ist er allzu leicht dazu geneigt, die Schuld für seine Unzufriedenheit bei seiner forschen Ehefrau Herta zu suchen, anstatt sich zu fragen, wie es überhaupt so weit kommen konnte.
Peter Henisch beschreibt auf knapp 300 Seiten mit köstlich-leiser Ironie eine Situation, die in unserer Gesellschaft nur durchaus realistisch ist. Man kann deshalb von einer satirischen Darstellung des Spießbürgertums sprechen, die sich zu lesen lohnt. Man kann sich allerdings nur schwerlich mit einem der beiden ständig unzufriedenen und nörgelnden Hauptcharaktere identifizieren, noch möchte man das.