Ein Roman über das „nächste Mal“, über Hoffnungen und Träume, der leider von Beginn an ein großes Chaos ist. Der auktoriale Erzähler verwirrt den Leser enorm, durch Zusammenhangslosigkeit und ein Wirrwarr an Personen und Geschichten.
Von REBECCA LOY
Wer kennt nicht so ein Buch, auf das man sich alleine wegen des Titels ungemein freut? New York machen wir das nächste Mal hört sich nach einem großen Abenteuer an, wer vermutet bei dem Titel nicht einen Reisebericht oder eine Großstadterzählung? Aber auch wenn der Titel reizt, lässt bereits die Zusammenfassung des Fischer Verlags auf dem Einband erste Zweifel entstehen.
Schnell werden alle Hoffnungen und Vermutungen, was hinter diesem verheißungsvollen Titel stecken könnte, zunichte gemacht. Nichts von alldem wird erfüllt, nicht nur, dass es nicht möglich ist, eine Zusammenfassung zu liefern, weil es keine zusammenhängende Handlung gibt, sondern auch, dass sich das ganze Geschehen in kleineren Dörfern abspielt und nicht einmal ein Blick in eine Metropole geworfen wird.
Um jedoch einen kleinen Einblick in das neue Werk von Arnold Stadler zu gewähren, genügt es sicherlich zu erklären, wie dieser Roman aufgebaut ist. Er beinhaltet zehn Kapitel, die sich jedoch in zwei Kategorien unterteilen lassen. Zum einen gibt es gewöhnliche Kapitel, die ein Erlebnis beschreiben. Viel außergewöhnlicher sind jedoch die anderen Kapitel, die ein übergeordnetes Thema haben und viele kleine Episoden umfassen. So gibt es zum Beispiel ein Kapitel mit dem Titel Frauen, dieses stellt viele verschiedene Frauen in relativ kurzen Abschnitten vor, die keinerlei Bezug zueinander haben. Manche dieser Episoden haben nur fünf Sätze und auch die wahllose Aneinanderreihung von verschiedenen kurzen Lebenseinblicken verwundert nicht nur, sondern führt zu einem schnellen Überlesen der einzelnen Teile. Dies ist sicher nicht die Intention des Autors, dass jeder kleine Teilabschnitt wenig Beachtung findet, doch das angekündigte Chaos erhält so Einzug im Roman und macht ihn unübersichtlich und fesselt den Leser nicht.
Auch die Hauptperson Roland verschwindet oftmals für große Passagen des Romans komplett aus der Handlung und scheint nichts mit alldem zu tun zu haben. Lediglich im ausführlichen, abschließenden Kapitel mit dem Titel Das nächste Mal machen wir Amerika spielt er eine große Rolle, da dieses seine Kindheit und seine Gegenwart vereint, an einem Ort, den er mit seinem Freund Jim als erwachsener Mann erneut aufsucht. Dort kommen alte Erinnerungen in Roland auf, die aus seiner Kindheit stammen, vielleicht kann man dieses Kapitel als Schließung des Kreises betrachten.
Doch woher kommt der spannend klingende Titel, wenn nie von einer Reise die Rede ist? Der Satz stammt aus dem Werk selbst und ist ein Vorsatz von Rolands Familie, die einen Tagesausflug zur Aussichtsplattform des Flugplatzes macht, doch dieser Vorsatz wird jedenfalls in diesem Roman nie umgesetzt.
Durch das schon oftmals angesprochene Chaos, das durch die Erzählweise und die Zusammenhangslosigkeit entsteht, macht es keine Freude, das Werk zu lesen, denn es bietet keine Verknüpfungspunkte, an die man sich erinnern kann. Somit liest man die kleinen Episoden und vergisst sie ebenso schnell wieder, wie eine unbedeutende Zahlenreihe. Wer also eine Abendlektüre sucht, an die er sich noch am nächsten Morgen erinnern möchte, sollte von Stadlers New York machen wir das nächste Mal absehen. Wer jedoch das Chaos und das Kennenlernen vieler verschiedener Charaktere, die alle nicht so wirklich glücklich sind, mag, dem könnte dieses Werk zusagen. Auch Buchanalytiker haben sicher Freude an diesem Werk, denn nicht nur die zwei verschiedenen Kapiteltypen sind eine Besonderheit, es gibt auch kleine einleitende Gedichte, Sprüche oder Auszüge, die Stadler vor die einzelnen Kapitel setzt.
Abschließend lässt sich sagen, dass der Roman keine große Unterhaltung liefert und eher mehr Fragen hervorruft als beantwortet. Dabei handelt es sich jedoch um Fragen, mit denen sich sicherlich nicht jeder befassen will.
Was war die eigentliche Intention des Autors?
Hätte ich einen Zusammenhang der Episoden erkennen müssen?
Was verbindet die einzelnen Episoden mit der Hauptperson Roland?