Karl Ove Knausgårds Roman Lieben lieben zu lernen hat eine Weile gedauert, aber dann hat´s gefunkt. Der Autor schreibt in seinem neustem Roman, der im Luchterhand Verlag erschienen ist, von seinem Leben und seiner Liebe zu seiner Frau Linda, seiner Heimat Norwegen, seinen Kindern und vor allem der Literatur. Was am Ende des Romans bleibt, ist das Gefühl den Menschen Karl Ove Knausgård wirklich zu kennen.
Von LINA LOUISA KRÄMER
Wie bei jeder guten Liebesgeschichte waren auch meine Annäherungsversuche mit Lieben schwierig. Die ersten achtzig Seiten zogen sich dahin, Knausgård nahm mich mit auf eine Urlaubsreise mit seiner Frau und den drei Kindern. Es war schwer sich einzulesen, da der Autor seinem Leben sehr negativ gegenüber steht und er alles für trivial und anstrengend hält. Vielleicht fehlt mir aber auch einfach das Verständnis dafür, wie stressig ein Urlaub mit drei Kleinkindern sein kann. Seine Liebe zum Detail zieht sich durch den gesamten Roman ebenso wie seine ehrliche und schonungslose Selbstreflexion.
Wie alles begann
Knausgård schweift von der Gegenwart mit Linda ab zu den Anfängen seines Studiums und seiner ersten Ehe. Er schildert das Kennenlernen mit Linda, die ebenfalls Schriftstellerin ist, in allen Facetten und lässt uns verstehen was Lieben für ihn bedeutet. Zeit und Sehnsucht spielen eine große Rolle in der Beziehung, genau wie Vertrauen. Knausgård thematisiert nebenbei immer wieder die Vor- und Nachteile des Lebens in den Ländern Norwegen und Schweden hinsichtlich der Menschen und deren Vorurteile übereinander.
Was bleibt
Mit der Geburt der Kinder fängt für den Autor und seine Frau ein täglicher Kampf um Freiräume und Platz zur Selbstverwirklichung an. Zeit wird zum Streitthema und die Liebe der beiden muss immer wieder neu belebt werden und sich einen Platz zwischen Alltag und den Kindern behaupten. Knausgård schildert schonungslos ehrlich diesen Drahtseilakt und lässt uns so zu einem Teil seiner Gedankenwelt werden.
Literatur
Wie wahrscheinlich alle Autoren hat Knausgård damit zu kämpfen, nach seinem ersten gefeierten Roman ein neues Thema zu finden. Er übersetzt von Zeit zu Zeit Texte oder arbeitet an Projekten mit, um etwas Geld zu verdienen, aber im Grunde ist er auf der Suche nach einem neuen Thema. Nachdem er mit Linda zusammengezogen ist, versucht er, einen neuen Roman zu schreiben. Knausgård offeriert dem Leser seines Romans zahlreiche Ausflüge in die Literaturgeschichte, in seine Ansichten über Hölderlin, Proust, und anderen Größen der Literatur. Letztendendes entstand aus der Suche der feinfühlige Roman Lieben. Der Protagonist und der Autor sind ein und dieselbe Figur, was beim Lesen zuweilen zu Irritationen führt.
Lieben will gelernt sein
Der Autor wird während der Lektüre zu einem Freund, er offenbart seine Hoffnungen, seine Ängste und Träume und vor allem aber seine Schwächen und Selbstzweifel. Lässt man sich auf Lieben und Knausgårds Schreibstil ein, nimmt es einen mit in ein nicht unbedingt spektakuläres Leben, aber auf eine Reise mit dem Mensch Karl Ove Knausgård und seine Suche nach der Liebe. Der Roman reiht sich ein in die bisher erschienenen Autobiographien des Autors und man darf gespannt sein, was wir von ihm noch zu erwarten haben.
Danke für diese interessante Rezension! Ich habe “Lieben” schon vor einigen Wochen gelesen und rezensiert. Es hat mir gefallen, auch wenn mich “Sterben” noch ein bisschen stärker gepackt hat, was vielleicht aber auch an einem starken persönlichen Bezug zu dem Buch lag.
Beim Lesen von “Lieben” kam ich mir manchmal schon vor wie ein Voyeur: Knausgard spart einfach nichts aus, auch die Dinge nicht, die nicht gerade vorteilhaft für ihn sind. Das führte auch dazu, dass er mir nicht unbedingt durchweg sympathisch war …
Nichtsdestotrotz: ich kann schon jetzt eine Fortsetzung kaum abwarten!
bitte bitte 🙂 ich schließe mich deinem Urteil voll und ganz an,,,es ist schwierig ein Buch aus dem Kontext der “Reihe” zu rezensieren und ich bin gespannt wie es weiter geht. Definitiv begegnet man so viel Nähe zum/vom Autor nur sehr selten.