Gestatten: Hemgesberg. Ich lade Sie hier und heute auf den literarischen Fleischsalat der vergangenen Woche ein – kleine, gut gewürzte Häppchen aus dem Literaturbetrieb. Setzen Sie sich, es ist genug geschehen in dieser Welt der Buchstaben, damit wir ein wenig plaudern können: Nobelpreis-Säbelrasseln, Einreiseverbote und seltsame Vögel.
von NADINE HEMGESBERG
Dieser Tage wird wieder das alljährliche Gewese zelebriert, das Gewese um den alternden Haruki Murakami, der doch bitte endlich den Literaturnobelpreis kriegen soll. Es murmelt und raunt, das Rätselraten und Scharren bei den Buchmachern, als würde es sich um muskelstrotzende Rennpferde handeln – allen voran der britische Buchmacher Ladbrokes, bei dem Murakami mit 3/1, Peter Nadas 7/1 und Thomas Pynchon 10/1 gehandelt werden –, anstatt der blass in ihrem Elfenbeinturm der Belles Lettres vor sich hin vegetierenden SchriftstellerInnen aus Leidenschaft.
Auch wenn das eigensinnige schwedische Komitee nicht gut auf Neuerungen zu sprechen ist, so sollte es sich vielleicht doch ein Beispiel am vatikanischen Konklave nehmen, um ihrer Krämerloge alle Ehre zu machen. Das Farbspiel des Rauches könnte man dann mit der Nationalität des Autors in Verbindung bringen – der Schornstein stotterte dann: kurz blau, kurz weiß, kurz rot – denn wer, wenn nicht ein US-Amerikaner wäre mal wieder an der Reihe? Zwanzig Jahre nach Toni Morrison erscheint es doch fast zeitnah, aber die unbekannteren und nicht annähernd so gehypten Zeitgenossen – und deswegen auch hier noch nicht genannten – werden wohl auch in diesem Jahr wieder den Vorzug der Auszeichnung bekommen.
Neben dem ganzen Bohei um irgendwelche Preisvergaben trauert die Welt der Literatur aber auch: um den technikverliebten Schriftsteller Tom Clancy, der im Alter von 66 Jahren verstarb. In seinem Nachruf in der ZEIT schreibt Volker Schmidt nicht ganz unkritisch: „die Vernarrtheit in detailfreudig geschilderte Waffensysteme, die dick aufgetragenen Plots mit Windungen, die Leser nur unter gezielter Abschaltung gesunder Skepsis mitvollziehen können, und die gnadenlose Treue zu allem, was Stars and Stripes trägt, sei es Militär, Justiz oder Geheimdienst“ sei gut vermarktbar gewesen.
Apropos USA und Literatur: ganz fiese Kombination in dieser Woche. Das Verhalten der US-Behörden dem deutschen Schriftsteller und NSA-Kritiker Ilija Trojanow gegenüber, der von Brasilien aus für einen Germanistenkongress über Miami nach Denver fliegen wollte, war – gelinde gesagt – dubios, aber nach dem erschwerten Visum im vergangenen Jahr für eine Gastprofessur scheinbar die konsequente Steigerung der Repression. Trojanows Erfahrungsbericht wurde in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung abgedruckt, ein Interview unter anderem im Spiegel veröffentlichtund der Deutsche und Amerikanische P.E.N. schalteten sich mit Briefen an die Regierung ein. Die Vermutung liegt nahe, das Einreiseverbot stehe im Zusammenhang mit der Petition gegen einen Überwachungsstaat, die Trojanow zusammen mit Juli Zeh initiierte. Mit Juli Zeh trat er seit 2009 öffentlich gegen Überwachung und für mehr Freiheit der Bürgerinnen und Bürger ein, zu lesen im Manifest Angriff auf die Freiheit.
Und zum Abschluss: Bastei Lübbe geht an die Börse und legt eine Bruchlandung hin, na wenn das nicht auch noch dem geflügelten Kollegen und Kurznachrichtendienst Twitter bevorsteht, dessen Börsengang als das kommende Großereignis gefeiert wird. Und wenn wir schon bei unseren gefiederten Freunden sind: Kein Feuilleton ohne den flugunfähigen Buchpapagei der Frankfurter Buchmesse und des Gastlandes Brasilien, der einem fröhlich bunt mit seinen blättrigen Flügeln aus fast jedem Feuilleton entgegenschreit, als wäre man im Loro Parque auf Teneriffa.
Und in der nächsten Woche sind wir dann um mindestens einen Preisträger reicher: Am Montag fällt die Entscheidung beim Deutschen Buchpreis. Häppchen alle, auf Wiederlesen.