Treffen junger Autoren – Dritter Tag

Lara Theobalt   Foto: privatMittagspause: viel Ping und ein bisschen Pong. Wer nicht ins Schreiben vertieft ist, sitzt in einer Runde im Foyer. Wir diskutieren über Ophelia und Elektra, über das Nacktsein im Kino und das Fleischessen. Wer nicht einmal einen ganzen Tag damit verbracht hat, Gedichte zu schreiben, umzuschreiben, neu zu schreiben, wird nicht verstehen, warum eine Kaffeepause manchmal das Leben rettet und warum man gleichzeitig nach zwölf Stunden Programm wieder an genau diesem Punkt beginnt – bei den eigenen unfertigen Texten.

von LARA THEOBALT

Das Workshopprogramm des TJA umfasst Lyrik, Dramatik und Prosa. Je nach Interesse ergeben sich Gruppen, in denen zunächst über unsere Schreiberfahrungen gesprochen wird. Wie schreiben wir? Wann ist ein Text ein Text und wann gar fertig? Wie kann ein Text bearbeitet werden? Soll oder muss er? Ist es dann noch der Ausgangstext? Die verschiedenen Blickwinkel der Teilnehmer des Lyrikworkshops auf diese Fragen spiegeln oft wider, wie intensiv sich die Person mit der Theorie hinter dem Schreiben beschäftigt hat. Wir sprechen von Interpretation und davon, dass ein Autor immer auch sein erster Leser ist. Doch abseits der Theorie trägt jeder eine gewisse Persönlichkeit an dieses abstrakte Thema heran. Anhand einiger Schreiberfahrungen zeigen sich ebenso die eigenen Gewohnheiten: Notizen ja oder nein, wo wird geschrieben, Handschrift oder Tastatur? Nach dem Austausch steigen wir in die Schreibaufgabe ein. Es werden kleine Formate verfasst, getauscht, Bezugstexte geschrieben, solange, bis am Ende eine fast zwanzigseitige Textdatei entsteht – mit Texten über Texte –, die zu einem Metatext verwoben werden soll. Für einige Teilnehmer ist dies die erste Begegnung mit der Intertextualität. Es ist interessant zu beobachten, wie Motive durch verschiedene Hände und Stile gehen und dabei großartige Texte entstehen, von denen niemand wirklich sagen kann, wer ihr Autor ist.

Im Prosaworkshop dagegen wird enger am eigenen Text gearbeitet. Der Fokus wird auf Anfänge und Enden gelegt. Es sollen verschiedene Alternativen geschrieben werden. So bekommt eine bisher nur skizzierte Geschichte einen Rahmen, der es möglich macht, sie vor- und rückwärts zu denken. Wieder wird einander vorgelesen, kritisiert und viel gelobt. Zwischen den Schreibaufgaben scheint sich so etwas wie Ruhe auszubreiten, jedenfalls an den Computern und in den stillen Ecken, wo Teilnehmer über ihren Ideen und den noch nicht geschriebenen Worten brüten.

Das gestrige Abendprogramm führte den diesjährigen Teilnehmern vor allem Perspektiven vor Augen. Zunächst kamen drei Verlagslektoren zu einer Podiumsdiskussion zusammen und berichteten sowohl von ihrer Arbeit als auch davon, wie junge Autoren entdeckt werden können. Insbesondere konkrete Beispiele eröffneten einen spannenden Blick hinter die Kulissen der Verlagsarbeit. Junge Autoren, denen genau dieser Schritt schon gelungen ist, lasen anschließend eigene Texte. Wir genossen diese zweite Lesung im Festspielprogramm sehr, da der Rahmen privater und die Rolle als Zuschauer unaufgeregter war. Es flogen Namen von renommierten Literaturpreisen durch die Luft, Orte von Stipendien, Veröffentlichungstermine. Was deutlich wird: Literatur ist Arbeit, und zwar eine, die von dem Beginn eines Lektorats bis zur Buchveröffentlichung ca. 2.000 E-Mails lang und ziemlich steinig ist. Die ehemaligen Preisträger, die teils unveröffentlichte Texte, teils aus bereits erschienenen Werken lasen, wirkten professioneller als wir, ruhiger und vielleicht auch eine Spur weit abgeklärter. Ihre Bücher sind das gesamte Treffen über in einem Regal im Foyer, einem Walk of Fame des TJA, zu bestaunen. Für diejenigen unter uns, die tatsächlich darüber nachdenken, als Autoren professionell arbeiten zu wollen, hieß es, nur nicht abschrecken lassen. Abschließend stimmten zumindest die Lektoren überein: Das Beste, das man auf diesem Weg tun könne, sei, nicht das Schreiben, aber auch nicht das Lesen aus den Augen zu verlieren. Ich dachte mir, was für ein Glück man als Leser hat, einem Buch nie anzumerken, wie viel Arbeit, Frustration und Kalkül hinter ihm steht.

Fortsetzung folgt …

Lara Theobalt, geboren 1993, wuchs in Solingen auf und lebt nun in Bochum. Sie studiert Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Germanistik an der Ruhr-Universität Bochum. 2011 war sie mit Kopfüber Hals für den Theo nominiert.

2 Gedanken zu „Treffen junger Autoren – Dritter Tag

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