In Meine Schreibmaschine und ich gibt Thomas Glavinic, preisgeschmückter österreichischer Schriftsteller, Einblick in sein Arbeitszimmer und seine Gedankenwelt. Entstanden ist der Text aus seinen Bamberger Poetikvorlesungen. Auch wenn er selbst nicht genau ergründen kann, wie seine Texte zustande kommen, gibt das Büchlein viel Aufschluss über sein Werk und ist vor allem für Fans interessant.
von LINA BRÜNIG
Leicht konsterniert ist man schon, wenn im ersten Kapitel unter der Überschrift „Was ich mag und was ich nicht mag“ eben genau das zu lesen ist: Glavinic mag keine Mücken, keinen Grapefruitsaft und keinen Haarausfall, dafür aber Kaffee, frische Mangos und gute Boxkämpfe. – Aha! Zugegeben, dies sind nur die profanen Beispiele. In Wahrheit bietet diese Liste einen katalogartigen Abriss von Glavinics Wertvorstellungen, die ebenso wie seine Romane Zeugnis davon gibt, dass er sich nicht gern festnageln lässt, nichts absolut Verlässliches liefern kann oder will. So mag er keine „Literatur, die sich in den Dienst einer Sache oder einer Meinung stellt“, findet aber auch den Satz „Die heißesten Plätze sind in der Hölle für diejenigen reserviert, die sich in moralischen Krisenzeiten ihre Neutralität bewahrt haben“ unterschreibenswert. Er ist ein Mann für die großen Themen und findet ohnehin, dass sich in der Literatur die alten Motive Liebe, Tod, Scheitern und Glück in stets abgewandelten Formen wiederholen. Was ihn nicht stört.
In der Werkstatt
Die beiden nächsten Kapitel „Was ich denke“ und „Was ich dachte“ befassen sich dann mit der tatsächlichen Arbeit des Schriftstellers – und dem Weg dorthin. Glavinic beschreibt allgemein, wie sich die Arbeit an einem Roman von der ersten Idee bis zur letzten getippten Seite gestaltet, schildert aber auch, wie seine bisher zehn Bücher konkret entstanden sind und wie er jedes einzelne in sein Gesamtwerk einordnet. Dass er kein Freund von Autorenausbildungsstätten wie dem Literaturinstitut Leipzig ist, lässt er ebenfalls durchblicken. Letztlich helfe dem Schriftsteller „nichts als Talent, Tiefe und Fleiß.“ Und die Nähe zu etwas, das er „das große Geheimnis“ nennt. Dies ist eine Chiffre für die Fähigkeit von guten Autoren, „die Welt so zu zeigen, wie sie ist.“ Zum Schluss relativiert er schließlich noch seine gesellschaftliche Rolle als Schriftsteller in ungewohnt bescheidener Manier: „Wir sind nichts Besseres und nichts Wichtigeres als andere Menschen.“
Zum Schluss ein Goodie
Glavinic ist immer dann besonders gut, wenn er böse wird. Das war in Das bin doch ich so, in dem er eine Schriftstellerfigur namens Thomas Glavinic durch den Alltag stolpern ließ, und das ist im letzten Kapitel des vorliegenden Bändchens so. „Das denken andere“ ist ein fiktives Interview mit dem unvorbereiteten Redakteur einer Lokalzeitung: „unsere Zielgruppe ist zum Beispiel der Ingenieur um die 50, die betuchtere Kulturelite unseres Kreises, Sie verstehen.“ Schon bei diesem Einstieg ist klar, dass es eines der Gespräche wird, in dem die Partner nicht zueinander finden werden. Natürlich ist es nicht gerade neu, uninformierte Provinzjournalisten an den Pranger zu stellen, aber dieser Dialog ist ebenso witzig wie pointiert ausgefallen und entschädigt dafür, dass man nach der Lektüre des Bändchens Glavinics eigentlicher Poetik im Grunde nicht viel näher gekommen ist. Die erschließt man sich wohl besser aus seinen Romanen.
Thomas Glavinic: Meine Schreibmaschine und ich
Edition Akzente Hanser
115 Seiten, 14,90 €
ISBN: 978-3-446-24487-0
klingt irgendwie nach einem ziemlich überflüssigen buch. danke für die warnung!