Gestatten Hemgesberg. Kommen Sie mit auf eine Landpartie und Lustwandelei eines gefallenen Mädchens, pilgern Sie mit, werden Sie Zeuge, wie die wandelnde Bordsteinschwalbe und Hebamme kruder Wortungetüme zur Pilgerin der Herzen wird. Auf ihren Bannern schwingt: Ist die Satire in Gefahr?
von NADINE HEMGESBERG
So lasst mich euch künden: Neben dem Suhrkamp-Streit, der nun in einer nächsten Runde vor dem Bundesgerichtshof ausgetragen wird, schafft es derzeit noch ein anderer Verlagsstreit in die Schlagzeilen. Dabei stehen jedoch nicht vermeintlich veruntreute Gelder und die Umwandlung eines Verlages in eine Aktiengesellschaft im Vordergrund, sondern die Kunst- und Satirefreiheit. Bei diesem Rechtsstreit handelt es sich um das Verfahren zwischen dem Leipziger Verlag Voland & Quist und dem Verlag Droemer Knaur, die um die Titelei „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ des Autors und Satirikers Julius Fischer streiten. Der Verlag Droemer Knaur, der die „Wanderhuren“-Buchreihe des Autorenduos Iny Lorentz herausgibt, sah hier die Titelrechte verletzt. Eine bittere Niederlage für die Satirefreiheit, Satire darf scheinbar nicht alles, vor allem dann nicht, wenn es dem ökonomisch besser Aufgestellten nicht passt. Am 27. März diesen Jahres gab das Landesgericht Düsseldorf dem Verlag Droemer Knaur Recht, Voland & Quist dürfe den Titel von Julius Fischer noch bis zum 27. September 2014 abverkaufen, danach drohe ein Ordnungsgeld. Voland und Quist geht gegen das Urteil in die Revision, eine Crowdfunding-Aktion auf startnext soll die weiteren Anwalts- und Prozesskosten decken. Bisher sind so fast 12.500 Euro zusammengekommen. In einem Interview mit dem boersenblatt schildert Verleger Leif Greinus von Voland & Quist seine Position im Wanderhurenstreit: „Wir sind keine Trittbrettfahrer, die versuchen, vom Erfolg der Romane von Iny Lorentz bei Droemer Knaur zu profitieren − es geht uns um die Kunstfreiheit.“
Die erste Auflage der Wanderwege ist mittlerweile komplett abverkauft, über die Titelei der zweiten Auflage werden sich schon mehr oder weniger ernsthafte Gedanken gemacht. Julius Fischer listete in der ZEIT neben allerlei anderem Jux auch mögliche Alternativen für die Wanderwege auf: Die Wanderhure – Sex to go, Nageln im Freien – die Wanderhure unterwegs mit Zimmerleuten oder Die Wunderhaare der Wanderhure.
Wie wäre es noch mit folgenden Alternativtiteln:
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Schöner wohnen mit der Wanderhure
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Origami mit den Bordsteinschwalben
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??? – Zeichensetzung mit der Wanderhure
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Das gefallene Mädchen – Bergunglücke am Tuxer Gletscher
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Wanderhure verliebt in Berlin
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„Baumwollunterwäsche kratzt“ – Geständnisse einer Wanderhure
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Ich bin dann mal weg – Die Wanderhure steigt aus
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Das Wanderhuren-Experiment – „Die macht das wirklich!“
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Der Wanderhuren-Komplex – Die Wanderhure und der Weg in die totale Verausgabung
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Das Wanderhuren-Sekret – Spritziger Thrill mit multiplen Höhepunkten
Satire darf das, und noch viel mehr.
Häppchen alle, auf Wiederlesen! Und nächste Woche vielleicht das Exklusivinterview mit Frau Neldel zum Wanderhurenstreit.