Nicht nur, dass Bücher sowohl für Groß als auch für Klein tolle Geschenkideen sind, sie helfen einem auch, schwere Zeiten zu überstehen, Langeweile zu vertreiben und sich zu entspannen. Wer also dringend etwas braucht, um die durchgeknallte Familie, die Fressorgien oder die Hektik der Feiertage zu überstehen, oder wer immer noch nach einem Weihnachtsgeschenk sucht, der gerate nicht in Panik, sondern schaue über unsere Weihnachtsempfehlungen. Da ist für jeden was dabei, sogar für den lesefaulen Serienjunkie.
Wir wünschen euch schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Annika Meyer
Astrid Lindgren
Jeder kennt sie, unsere schwedischen Kindheitshelden. Und gerade zu Weihnachten sollte man mal wieder nachlesen, wie Michel aus Lönneberga das Weihnachtsfest rettet, wie die Kinder aus Bullerbü Weihnachten feiern und wie Madita sich über die schönen Winterferien in Birkenlund freut. Es lohnt sich!
(z.B. Michel und Klein Ida aus Lönneberga. Oetinger 2003, 128 Seiten. 13,30 Euro.)
David Gilbert: Was aus uns wird.
Ein sehr intelligenter Roman – gefühlvoll, zynisch und urkomisch. Eine perfekte Mischung aus Kritik an der ach so glamourösen Bücher- und Filmwelt, 1 ½ Familiensagen und einer angenehmen Menge Drogen.
(Eichborn 2014, 640 Seiten. 22,90 Euro.)
Sylvia Kokot
Ae-ran Kim: Lauf, Vater, lauf.
Post-Its verdecken die Rissigkeit der Welt, Begegnungen in der U-Bahn bringen das Selbst ins Wanken, ein Convenience-Store ist einziger (Angst-)Raum für soziale Kontakte. Ae-Ran Kim, eine aktuelle koreanische Stimme mit einem feinsinnigen Gespür für das Erzählen selbst, zeigt verunsicherte, zuweilen scheiternde Figuren wie sie typisch für das 21. Jahrhundert scheinen. Fatalistisch und poetisch zugleich.
(Cass 2014, 224 Seiten. 16,00 Euro.)
R. R. Tolkien: Roverandom.
Ein kleiner Hund, ein orangefarbener Ball und ein Zauberer: so beginnt die Geschichte um Roverandom, der sein Schicksal unwissend herausfordert und vom Vorgarten in eine fantastische Welt katapultiert wird. Auf Erde, Mond und Meer begegnet er Drachen, Mondmännern und Nixen – und seinem kleinen Jungen. Ulrich Noethen erzeugt mit seiner Stimme eben jenen zugleich unaufgeregten und abenteuerlichen Zauber, um diese Welt in unseren Köpfen entstehen zu lassen.
(Klett Cotta 2012, 144 Seiten. 13,95 Euro / Hörverlag 2003, 158 Min auf 3 CDs. ca. 14,95 Euro)
Lina Brünig
Kenneth Mackenzie: Was sie begehren.
Ein australisches Meisterwerk aus den 1930er Jahren ist in diesem Jahr das erste Mal auf Deutsch erschienen – eigentlich eine simple Internatsgeschichte über den sensiblen Schüler Charles Fox, der Leben und Liebe entdeckt. Das Ganze allerdings in einer derart bildreichen und einfühlsamen Sprache erzählt, dass man meint, zum ersten Mal einen Roman über die Pubertät zu lesen. Dabei ein menschenfreundliches Porträt der jungen Nation Down Under.
(Hanser Verlag 2014, 352 Seiten. 21,90 Euro.)
Nic Pizzolato: True Detective.
Da die amerikanische Fernsehserie allenthalben als Nachfolgerin des klassischen Romans ausgerufen wird, erlaube ich mir, hier auch noch mal das Loblied auf die HBO Mini-Serie anzustimmen: Die verschachtelte Erzählkonstruktion, das schwül-bedrohliche Setting im von Hurrikans angeschlagenen Louisiana und nicht zuletzt die hervorragende Leistung der Hauptdarsteller Woody Harrelson und Matthew McConaughey haben das Noir-Drama neue Maßstäbe im Bereich Serie setzen lassen.
(Warner Home Video, USA 2014, 458 Minuten. 27,99 Euro [Blu-ray].)
Esra Canpalat
Kerstin Preiwuß: Restwärme.
Beim diesjährigen Bachmann-Preis wurde Kerstin Preiwuß’ Text harsch von der Jury kritisiert. Die Geschichte eines traumatisierten NS-Vaters kenne jeder und sei nichts Neues, die Nerz-Fabrik als KZ-Metapher problematisch und misslungen. Doch Preiwuß’ Anti-Heimats-Roman besticht vor allem durch seine präzise, fast schon klinische Sprache und lässt den Leser keineswegs kalt.
(Berlin Verlag 2014, 224 Seiten. 18,99 Euro.)
Hakan Günday: Extrem.
Hakan Günday ist das Enfant terrible der jungen türkischen Literaturszene. Seine Bücher über Sex und Gewalt haben mittlerweile Kultstatus erreicht, seine politischen Kolumnen werden gefeiert, besonders von der Gezi-Bewegung. Wahrscheinlich ist Extrem nicht besonders für die besinnlichen Weihnachtstage geeignet, ist der Roman über das Mädchen Derdâ, das von ihrer Mutter mit elf Jahren verheiratet wird und von da an ein Martyrium durchmacht, und den Jungen Derda, der sich auf dem Friedhof in Istanbul durchschlägt doch ziemlich harter Tobak. Letzten Endes steht jedoch die Liebe und die lebensrettende Kraft der Literatur im Zentrum der beiden Geschichten.
(btb 2014, 416 Seiten. 19,99 Euro.)
Katja Papiorek
Lukas Bärfuss: Koala.
Koala ist ein unbequemer Roman über den Selbstmord des Erzählers. Was eben jener mit dem putzigen Beuteltier zu tun hat und wozu es den nicht enden wollenden Exkurs über die Kolonialisierung Australiens braucht, erschließt sich nicht sofort. Bärfuss mag hier provozierende Wege gehen, findet letztlich aber den einzig folgerichtigen, um vom Leben und Tod eines Verweigerers zu berichten. Für mich das Buch, das mich in 2014 am nachhaltigsten beschäftigt hat. (Wallstein 2014, 184 Seiten. 19,90 Euro.)
Anna-Lena Thiel
Patrick Rothfuss: The Name of the Wind.
Kvothe ist Barde und Dieb, Gefeierter und Verfolgter, Gelehrter und Gastwirt. Er ist die Erzählstimme und der Held dieser Saga. The Name of the Wind ist der erste Teil einer Trilogie und er macht Lust auf mehr. Es ist besonders der Einsatz der Sprachmagie Kvothes, die er als Kind fahrender Schausteller von klein auf lernte, die ihn durch sein bewegtes Leben führt und dem Fantasy geschulten Leser eine Menge Spaß bereitet.
(DAW 2007, 736 Seiten. 6,80 Euro.)
Robin McKinley: Sunshine.
Wer Lust auf einen Vampir-Roman hat, der endlich einmal auf das Klischee des sexy Blutsaugers verzichtet, und dessen Heldin eigentlich viel lieber Zimtschnecken backen als die Welt retten würde, der sollte, nein, der muss zu Robin McKinleys Sunshine greifen. In einer Welt, in der Magie und Mythen nach den katastrophalen Voodoo Wars Teil des Alltags geworden sind, überrascht diese Coming of Age Story mit klugen Wendungen und bezaubert mit liebevoll gezeichneten Charakteren.
(Speak 2010, 416 Seiten. 6,69 Euro.)
Nadine Hemgesberg
Familienromane
Weihnachten in Familienromanen ist großer dysfunktionaler Spaß: Und am besten man beginnt mit den Buddenbrooks. Ja, werden einige nun sagen, das ist doch ein alter Hut, völlige Grütze mit diesen leitmotivisch herumätzenden Tapeten und all dem Musikklimbim und dem zähen Untergang einer Familie. Aber! Es lohnt sich nochmal einen Blick in den alten Schmöker von Mann zu werfen, um solch großartige Gegenwartsliteratur wie Jonathan Franzens Korrekturen und Taiye Selasis Diese Dinge geschehen nicht einfach so erstens besser würdigen zu können und zweitens zu verstehen, wie der gemeine Familienroman an sich funktioniert. Denn entgegen aller Behauptungen von Teju Cole hat Frau Selasi den Roman bei weitem nicht neu erfunden. Also, in der Reihenfolge an den Feiertagen, ich zähl auf Sie!
Thomas Mann: Die Buddenbrooks. Fischer 2008, 768 Seiten. 9,95 Euro.
Jonathan Franzen: Korrekturen. Rowohlt 2003, 784 Seiten. 12,99 Euro.
Taiye Selasi: Diese Dinge geschehen nicht einfach so. Fischer 2014, 400 Seiten. 10,99 Euro.