Die Literaturreihe Hauser und Tiger kündigt einen Abend mit „Wohnzimmeratmosphäre“ an und hält, was sie verspricht: Maruan Paschen liest aus seinem Erstlingswerk Kai. Eine Internatsgeschichte und Rike Scheffler lässt ihre Texte an der Loopstation zu Klanggebilden erwachsen. Dazu gibt es Suppe, Kurt-Tucholsky-Cocktails und Gespräch – wer sich das entgehen lässt, ist selber schuld.
Von ANNA KREWERTH und EMILY MATSCHKE
Am 16. April veranstalten Patricia Spies und Viktoria Hahn, die hinter dem Konzept Hauser und Tiger (eine Hommage an den in Moabit geborenen Kurt Tucholsky) stehen, bereits zum dritten Mal eine Lesung im Herzen Berlins. Zum ersten Mal findet diese im Kallasch& in der Unionstraße 2 statt. In schummrigem Licht rückt man zusammen, damit wirklich jeder einen Platz bekommt: Der Raum ist rappelvoll – Brandschutzverordnung hin oder her – und es wird gemütlich.
Das Konzept hebt sich ab von der klassischen Lesung: Patricia und Viktoria, die sich schon in anderen Projekten engagiert haben, erfüllen sich einen Wunsch, indem sie hier umsetzten, was ihnen bei ‚traditionellen‘ Veranstaltungen immer zu kurz gekommen ist. Statt die Biografie der beiden Gäste „runterzurasseln“, kann man diese an der Toilettentür nachlesen. Das Gespräch ist locker, es wirkt, als würden sich alle gut kennen. Natürlich lebt der Abend auch von Schefflers Lyrik und Paschens Prosa, die in ihrer zarten, tiefgehenden Klangcollage und seinem spritzig-trockenen, an Sven Regener erinnernden Stil perfekt harmonieren.
Vom Koch zum Schriftsteller
Das Gespräch dreht sich um Tucholsky-Anekdoten, die eigentlich keine sind, Treffen des Lyrikkollektivs G13 auf dem Teppich, postapokalyptische Begebenheiten in Matthias Nawrats Schwarzwaldroman Unternehmer und die Frage, wie der Koch Maruan zum Schriftsteller wurde. „Da gab es keine Probleme“, sagt dieser und es schließt sich der Kreis zum eingangs verlesenen Ab durch die Mitte von Kurt Tucholsky. Man merkt, dass gerade durch die Ungezwungenheit das Konzept, Literatur für jedermann amüsant und interessant zu machen, vollkommen aufgeht.
Es ist auch die Möglichkeit, Leute aus dem Kiez kennenzulernen, Anschluss zu finden, ob nun kulturell oder ganz privat. Scheffler lädt interessierte Lyrikschaffende gar zum nächsten Treffen ihres Kollektivs ein und ist selbst sehr von Paschens Roman eingenommen, der wie sie das Deutsche Literaturinstitut in Leipzig besucht hat. Getroffen haben sie sich dort allerdings nie, er sei auch nicht so oft dagewesen, gesteht Maruan schmunzelnd – auch das wird hier und heute nachgeholt.
Am Ende der Lesung herrscht nicht die allgemein übliche Aufbruchstimmung: Besucher und Gäste trinken noch ein paar Gläschen zusammen, man kommt ins Gespräch oder lässt sich sein Buch signieren – niemand hat es wirklich eilig. Der entspannte Ausklang des Abends spricht für sich. Wer ihn verpasst hat, sollte sich zumindest die nächste Lesung nicht entgehen lassen: Am 18. Juni sind Dota Kehr und Jan Decker zu Besuch in Moabit und es wird wieder einiges auf Augen und Ohren geben. Versprochen.
Mehr Infos zur Lesereihe Hauser und Tiger gibt es hier.
… da würde ich auch gern mal lesen 🙂
schön, bin ja Paschen-Fan, wäre gern dabei gewesen…