Newton – der Nerd, Magier und das ultimative Gilden-Oberhaupt

COVER_Florian Freistetter_Newton - Wie ein Arschloch das Universum neu erfand_HanserHeutzutage wäre Isaac Newton laut Florian Freistetter DER Nerd gewesen. Ob Newton nebst seiner Forschung noch die Zeit gehabt hätte, eine Gilde anzuführen, darüber lässt sich streiten, denn er widmete sein ganzes Leben der Wissenschaft. Dass er hierbei bis nach ganz oben kam, zum Präsidenten der Royal Society ernannt wurde und bis heute einer der wichtigsten Erfinder der Weltgeschichte bleibt, ist allerdings unumstritten. In Newton – Wie ein Arschloch das Universum neu erfand wird der Einzelgänger Isaac Newton als ein ehrgeiziges und kompromissloses Genie dargestellt. Und das, obwohl die Naturwissenschaft für ihn mehr ein Hobby war.

von KAMILA DOBNER

Wie war das eigentlich mit dem Apfel, der vom Baum fiel und daraufhin das komplette Verständnis von Planeten und dem Universum auf den Kopf stellte? Wie kam Newton darauf, die Gravitation neu zu bestimmen und zu entdecken, und was ist eigentlich die Zentripetalkraft? Diese und viele andere Fragen werden in diesem Buch auf amüsante Art und Weise thematisiert. Dass Newton bei den ganzen Entdeckungen und Forschungen auch noch Zeit hatte, sich mit seinen Kollegen bis aufs Äußerste zu streiten, sie zu degradieren und gegen sie zu hetzen, gibt dem Buch einen Hauch von Menschlichkeit, der es auch für Leser interessant macht, die mit der Wissenschaft nichts am Hut haben.

Es ist einfacher ein Arschloch zu sein, wenn man ein Genie ist

Newton war ohne Frage ein Genie. Mehr muss man vor der Lektüre dieses Buches über seine Forschungen, Entdeckungen und menschlichen Abgründe gar nicht wissen. Er studierte oft bis spät in die Nacht und schlief nicht lange, um am nächsten Morgen mit seinen Forschungen weiterzukommen, achtete nicht sonderlich auf sein Äußeres und aß zu wenig. Dafür war er wissbegierig, intelligent und hatte offenbar zu viel Freizeit. Da man Ende des 17. Jahrhunderts vergleichsweise viel zu entdecken hatte, konnte Newton seine Zeit durchaus produktiv nutzen. Er war ein nahezu unvergleichbares Genie und das vor allem, weil er es verstand, alle anderen zu kommandieren, herabzuwürdigen und für seine eigenen Forschungen auszunutzen, um sie daraufhin nicht einmal für erwähnenswert genug zu erachten. Wer sich gegen ihn wandte oder aufbegehrte, fand sich oft nicht nur für Newton, sondern für weite Teile der damaligen wissenschaftlichen Welt im Seitenaus wieder. Newton polarisierte und zog alle Aufmerksamkeit auf sich, mit neuen Erkenntnissen in der Mathematik, der Astronomie sowie der Optik des Lichts und der Physik lag er (fast) immer richtig und schaffte es dank seiner Forschungen nebst einer guten Portion Vitamin-B bis auf den Posten des Präsidenten der Royal Society. Sein Werdegang wird zwar nicht chronologisch, dafür durchaus stringent und biografisch beschrieben. Dankenswerter Weise werden seine Forschungen und Entdeckungen möglichst einfach erklärt, um seinem Genie wenigstens ansatzweise folgen zu können. Das Ganze wird unterstützt durch einen sehr modernen Schreibstil, der die Geschichte der Wissenschaft, zeitgemäß wiederaufleben lässt.

Knapp daneben ist auch vorbei und der zweite Platz ist eben nur Silber

Die Wissenschaft ist ein heißes Pflaster. Es ist wichtig, „der Erste” zu sein, der etwas entdeckt oder erfindet, denn nur dann kann man es zu Ruhm und Ehre bringen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Neil Armstrong ist bekannt als der erste Mensch, der auf dem Mond fröhlich umherhopste. Kaum einer erinnert sich noch an den Hopser Nummer Zwei, Edwin Aldrin. Versuchen wir Newton an Neils Stelle zu setzen, hätte er wahrscheinlich darauf bestanden, dass Edwin Aldrin in der Rakete bleibt. Hätte er doch einen Schritt raus gewagt, hätte Newton ihn einfach aus dem Protokoll gestrichen und die komplette NASA gegen ihn aufgehetzt.
Isaac Newton war skrupellos. Wenn er etwas brauchte, nahm er es sich, und wenn ihm das Gewonnene nicht genug war, erzwang er mehr. Newton selbst tat alles, um in seinen eigenen Forschungen so schnell wie nur möglich zu Ergebnissen zu kommen. Dabei nahm er auf seine eigene Gesundheit nicht weniger Rücksicht als auf die anderer. Wenn sich Newton für das Verständnis von Optik eine Nadel ins Auge stechen musste, dann tat er das. Selbiges erwartete er auch von anderen: Wer nicht mithalten konnte, war seiner nicht würdig. Was es schon gab, machte er besser, und was es nicht gab, stellte er sich zur Aufgabe zu erfinden oder zu definieren. All dies aber natürlich nur so nebenbei, lieber befasste er sich mit der Theologie und Alchemie, um die Bibel zeitlich zu datieren oder den Stein der Weisen zu finden.

Florian Freistetter, selbst Astronom und Mitglied der Science Busters, beschreibt die Laufbahn eines der größten Wissenschaftlers der Weltgeschichte anhand seiner wichtigsten Ereignisse und erklärt auf verständliche Art und Weise alle nötigen Begriffe und Theorien, damit der Leser nicht überfordert wird. Das Ganze geschieht auf eine sehr trockene und amüsante Art und Weise, die Newton wahrscheinlich überhaupt nicht gefallen hätte, jedoch durchaus zeitgemäß und angebracht erscheint.

Florian Freistetter: Newton – Wie ein Arschloch das Universum neu erfand
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG., 208 Seiten
Preis: 16 Euro
ISBN: 978-3-446-25460-2

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