Die Redaktion empfiehlt…

Alle Jahre wieder kommt Weihnachten völlig überraschend, und wie jedes Jahr stöbert man in den letzten Tagen vorm Fest der Liebe durch die Buchhandlung seines Vertrauens auf der Suche nach den letzten Gaben für Freunde und Familie. Wer nun also noch Geschenketipps oder gar Inspiration für die eigene Weihnachtslektüre benötigt, darf sich gerne unsere Lesetipps zu Gemüte führen – wir wünschen schöne Feiertage und einen Sack voller Bücher unterm Baum!

 

 

ALINA WOLSKI

Iwan Gontscharow: Oblomow

Wer nach dem leckeren Weihnachtsessen nur noch das Bedürfnis hat, den ganzen Tag nichts zu tun, der leidet an Oblomowerei. Empfehlenswert ist in einem solchen Fall, die Zeit im Bett mit der Lektüre von Iwan Gontscharows Oblomow zu verbringen. Denn auch der gebildete und eigentlich sehr intelligente Held kämpft den gesamten Romanverlauf über auf urkomische Weise damit, sich aufzuraffen und zu tun, was getan werden muss. Doch Oblomows Faulheit hat fatale Folgen…

(Dtv 2015, 848 Seiten, 16,90 Euro.)

 

Lew Tolstoi - Krieg und Frieden Cover: Hanser

Lew Tolstoi – Krieg und Frieden Cover: Hanser

Lew Tolstoi: Krieg und Frieden

Falls jemand zu Beginn des neuen Jahres voller Tatendrang ist, jedoch nicht weiß, was ein guter Vorsatz sein könnte, dem ist mit Tolstois großem Klassiker Krieg und Frieden gut geraten. Wann im Jahr findet man schließlich schon die Möglichkeit, 2288 Seiten voller russischer Kultur, Geschichte und literarischer Meisterleistungen zu konsumieren, wenn nicht zwischen den Feiertagen?

(Hanser Verlag 2010, 2288 Seiten, 58 Euro.)

 

Jevgenij Samjatin: Wir

Am Ende des Jahres 2017, in dem sich die Oktoberrevolution zum hundertsten Mal jährt, darf ein Buch nicht fehlen: Jevgenij Samjatins Dystopie Wir. Die graue Zukunftsvision von einem Staat, in dem alle Menschen gleich und nicht mehr als eine Nummer sind, diente sogar George Orwell beim Schreiben seines Werkes 1984 als Vorbild, ist jedoch viel unbekannter. Zugleich beweist Samjatins Roman, dass russische Literatur nicht unbedingt tausende Seiten braucht – die kompakte Dystopie kommt auch mit 204 gut zurecht.

(Elv 2013, 204 Seiten, 25,90 Euro.)


ANNIKA MEYER

Heinrich Böll - Billard um halb zehn Cover: dtv

Heinrich Böll – Billard um halb zehn Cover: dtv

Heinrich Böll

Heinrich Böll wäre dieser Tage 100 Jahre alt geworden – höchste Zeit, (wieder mehr) von ihm zu lesen! Ganz gleich ob in Kurzgeschichten, Erzählungen wie Der Zug war pünktlich (1949) oder Romanen wie Billard um halb zehn (1959): Böll fasziniert stets mit Sensibilität trotz nüchterner, klarer Sprache und mit politischen Themen, die geschickt und auf vielfältige Art in die Schilderungen menschlicher Schicksale eingearbeitet sind.

(Z. B. Heinrich Böll: Billard um halb zehn. dtv 1974, 336 Seiten, 9,90 Euro.)

 

Schauspiel Dortmund: Megapedia. Dortmunder Theaterarbeit in 481 Begriffen

Passend zur Rückkehr vom Megastore ins Schauspielhaus am Hilltropwall hat das Schauspiel Dortmund eine kluge, unterhaltsame und zum Teil intime Enzyklopädie nicht nur über die Künstler und Inszenierungen des Hauses, sondern auch über wichtige Einflüsse, geflügelte Worte und so manche Absurdität herausgebracht. Wer also wissen möchte, wie z. B. Lionel Messi mit dem Schauspiel Dortmund in Verbindung gebracht werden kann, wie vielseitig Intendant Kay Voges zu beschreiben ist oder was es mit dem Ausruf „Schreibʼ nicht Nutella, schreibʼ Jesus Christus, schreibʼ Jesus Christus!“ auf sich hat, dem sei dieses Buch – in Kombination mit einem Besuch am Dortmunder Theater – sehr ans Herz gelegt.


HELGE KREISKÖTHER

Daniel Kehlmann - Tyll Cover: Rowohlt

Daniel Kehlmann – Tyll Cover: Rowohlt

Daniel Kehlmann: Tyll

Der neue Roman von Daniel Kehlmann (Die Vermessung der Welt, zuletzt F) schickt den verwegenen Possenreißer Till Eulenspiegel in den Dreißigjährigen Krieg. Nachdem sein Vater von den Jesuiten als Hexer hingerichtet wurde, zieht er mit der ebenso mittellosen Nele durch die verwüsteten deutschen Lande, kommt an den Hof des böhmischen „Winterkönigs“, der schon bald kein König mehr ist, und hält die Fürsten Europas zum Besten. Die mittelalterliche Ulenspiegel-Sage wird hiermit erweitert zu einem zeitlosen, fantastisch umnebelten Epos über die Notwendigkeit von Kunst in dunklen Zeiten. Auch in sprachlicher Hinsicht ein Genuss – unbedingt lesens- und schenkenswert!

(Rowohlt 2017, 480 Seiten, 22,95 Euro.)

 

Eduard von Keyserling: Wellen

Der von der Germanistik nach wie vor sträflich vernachlässigte „baltische Fontane“ kreiert in seinem kurzen Roman aus dem Jahr 1911 eine unvergleichliche, melancholisch-sinnliche (wenn man so will: impressionistische) Atmosphäre. Im Mittelpunkt der Handlung stehen die schöne Gräfin Doralice, der eigensinnige Maler Hans und viele schicksalhafte Begegnungen in einem Badeort an der Ostsee: ideal, um sich unterm Weihnachtsbaum hinwegzuträumen.

(dtv 2015, 176 Seiten, 6,90 Euro.)


THOMAS STÖCK

Jack London - Romane und Erzählungen (Vier Bände im Schuber, Anaconda)

Jack London – Romane und Erzählungen (Vier Bände im Schuber, Anaconda)

Jack London

Zugegeben, mit seiner chauvinistisch-sozialdarwinistischen Attitüde kann Jack London heutzutage kaum mehr punkten. Doch ein Blick hinter seine Wolfsrudel-Ethik offenbart ein realitätsnahes Hineinempfinden in die Zustände unwirtlicher Schauplätze. Ob im Goldrausch, auf hoher See oder aus der Perspektive eines Schlittenhundes – in eine warme Decke eingemummelt und mit einer heißen Tasse Kakao lassen sich diese Abenteuer bequem erlesen.

(Z. B. Jack London: Romane und Erzählungen in vier Bänden. Anaconda 2013, 1056 Seiten, 19,95 Euro.)

 

Kriminelle Weihnachtsgeschichten

Ein guter Krimi geht immer! Da bietet es sich an, passend zur Weihnachtszeit eine Sammlung über Weihnachtskrimis zur Hand zu nehmen. Für Rosinenpicker birgt ein solcher Band das Risiko, neben den Leckerbissen Geschichten serviert zu bekommen, die einem ganz und gar nicht bekommen wollen. Den übrigen Krimi-Gourmets wird jedoch eine Anthologie mit Schmankerln aus zwei Jahrhunderten goutieren.

(O du schreckliche… Kriminelle Weihnachtsgeschichten. Diogenes 2007, 256 Seiten, 9,90 Euro.)

 

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