
Wie werden Menschen zu denen, die sie sind? Was macht ein Kunstwerk mit dem Betrachter? Wie funktionieren Erinnerungen, das Gehirn und der Geist? Diese Fragen bestimmen das Werk von Siri Hustvedt. Die Autorin spielt virtuos in ihren Romanen und Essays mit Themen der Philosophie, Kunst und der Neurowissenschaften, sowie der Psychoanalyse. Ihre Produktivität ist enorm und ihr Werk reißt einen mit in die Welt von Figuren, die auf der Suche nach Sinn sind. Wenn Sie die Dinge gerne hinterfragen, dann lesen Sie Siri Hustvedt!
von LISA THEISSSEN
Siri Hustvedt, geboren 1955, ist eine von vier Töchtern einer amerikanisch-norwegischen Familie. Ihr Vater Lloyd Hustvedt war Professor für norwegische und amerikanische Geschichte, und verheiratet mit der gebürtigen Norwegerin Ester Vegan. Siri Hustvedt wuchs in Northfield, Minnesota auf und studierte nach dem Abschluss in New York an der Columbia University Literaturwissenschaften und promovierte mit einer Arbeit über Charles Dickens. Ihr Freund Salman Rushdie nennt sie „eine der großen Intellektuellen in Amerika, ähnlich wie Susan Sontag“, und spricht ihr eine „enorm hohe emotionale Intelligenz“ zu, die ihres gleichen suche. Die preisgekrönte Autorin lebt mit Paul Auster in New York, mit dem sie die gemeinsame Tochter Sophie Auster hat, die eine erfolgreiche Sängerin und Schauspielerin geworden ist.
Was ist der Mensch und sein Gehirn?
Mit dem Werk Was ich liebte ist Siri Hustvedt international berühmt geworden. Es ist ein Roman um den Protagonisten Leon Hertzberg mit Themen wie Kunst, Liebe, Verlust und Psychoanalyse. In ihren Werken geht die Autorin dezidiert und minutiös auf die Beziehungen zwischen ihren Figuren ein und zeichnet durch die detailgenaue Innenschau ihrer Hauptcharaktere ein Psychogramm der Protagonisten. Ihre Fiktion und auch ihre Essays drehen sich in konzentrischen Kreisen um Liebesbeziehungen, Künstler und ihre Werke und um das was bleibt, wenn man stirbt. Sie hat sich im Laufe ihres Lebens zu einer Expertin in Psychologie und Neurowissenschaften weitergebildet und hält sogar Vorträge zu diesen Themen. Das Ergründen des Menschlichen und die Beziehungen zwischen Geist und Seele stehen in ihrem Fokus. In ihrem Schreiben sucht Hustvedt nach der „emotionalen Wahrheit“. Sie sagt in der Dokumentation Ma Vie. Siri Hustvedt, dass das Schreiben erst dann funktioniert, wenn es sich „richtig anfühlt“. Ihre Romane müssen „an Orten spielen, die ihr persönlich am vertrautesten sind“. Also Minnesota und New York. Diese Authentizität in ihrem Werk macht die Faszination ihrer sich langsam entwickelnden Plots aus. Ihre Figuren stehen oft an persönlichen und intellektuellen Kreuzungen ihres Lebens und die Spannung der Texte wird hauptsächlich durch die Gefühle und Wahrnehmungen der Protagonisten erzeugt. Ihre Romane und Essays sind ein kleines Universum voller Kunstwerke, psychologischer Überlegungen, neurologischer Grenzgänge und der Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen. Eine Autorin und ihr Werk, das einen ein Leben lang begleiten kann und schon jetzt zur hohen amerikanischen Literatur gehört.
„Jede Geschichte, die wir über uns erzählen, kann nur in der Vergangenheit erzählt werden. Sie spult sich von dort, wo wir heute stehen, nach rückwärts ab, und wir sind nicht mehr ihre Akteure, sondern ihre Zuschauer, die sich entschieden haben zu sprechen.“
Meine Empfehlungen:
Roman:
Siri Hustvedt: Was ich liebte
Rowohlt, 471 Seiten
Preis: 11,00 Euro
ISBN: 978-3499233098
Essayband:
Siri Hustvedt: Leben, Denken, Schauen
Rowohlt, 496 Seiten
Preis: 14,00 Euro (Taschenbuch)
ISBN: 978-3499269776
Dokumentarfilm:
Titel: Ma Vie: Siri Hustvedt
Buch/Regie: Nicola Graef
Produziert: 2009, arte/WDR (45 min.)