Das Kafka-Universum

Franz Kafka (1883 – 1924) 1923, dem Jahr vor seinem Tod

„Jemand musste Josef K. verleumdet haben“, lautet der erste Satz von Franz Kafkas berühmtem Roman Der Prozess. Der darin vorkommende ratlose Protagonist, der sich einer Macht gegenübergestellt sieht, die sich weder ihm noch dem Leser offenbart, ist typisch für Kafkas Werke. Zu seinem Todestag lohnt es sich, einen Blick auf jene Texte zu werfen und auf seine Arbeitsweise, die genauso besonders wie sein Werk ist.

von CELINA FARKEN

Franz Kafka wird am 03. Juli 1883 in Prag als Sohn einer jüdischen Familie geboren. Bevor er zu schreiben beginnt, widmet er sich seinem Jurastudium an der Deutschen Universität Prag. Zusätzlich besucht er Vorlesungen in Kunstgeschichte, Philosophie und Germanistik, das bereits sein Interesse an literarischen und künstlerischen Themen bezeugt.

Im Zuge seines Jurastudiums lernt er 1902 seinen Freund Max Brod kennen, der ihn von da an stetig begleiten soll und der vor allem bei Kafkas Nachlass eine wichtige Rolle spielt. Ihm ist es zum größten Teil zu verdanken, dass Kafka heute als einer der bekanntesten deutschsprachigen Erzähler gilt. Aufgrund der Fürsprache seines Freundes publiziert Kafka 1908 schließlich zum ersten Mal eines seiner Werke: einige Prosastücke unter dem Titel Betrachtung in der Zeitschrift Hyperion. 1912 erscheinen die Prosastücke, zu denen einige noch hinzugekommen sind, als Sammelband beim Rowohlt-Verlag. Darauf folgen weitere Veröffentlichungen und es entstehen mehrere Romanfragmente.

Die Wirkmacht einer Freundschaft

Kafka, der sein Schreiben zunächst verheimlicht, wird von Max Brod unterstützt und ermutigt, seine Texte zu veröffentlichen. Brod, der selbst Schriftsteller war, wurde so zu Kafkas Mentor. Auch nach Kafkas Tod blieb Brod sein größter Unterstützer. Anders als es Kafka verlangte, vernichtete Brod dessen Manuskripte nicht und stellte sich gegen Kafkas Verbot, eine Neuauflage seines ersten veröffentlichten Werkes Betrachtung zu veranlassen. Durch Max Brod konnte 1935 dann die erste Kafka-Gesamtausgabe erscheinen. Brod trug so maßgeblich zu Kafkas Erfolg und Erbe bei und verhalf seinem Freund zu seinem Glück. Auch kleinere Änderungen nahm er an einigen Manuskripten aufgrund von Kafkas Arbeitsweise vor.

Schreiben als Prozess

Anders als andere Schriftsteller sah Kafka das Schreiben als einen Prozess an, bei dem es weniger auf das Endprodukt ankommt, sondern auf das Schreiben an sich, das in einem Moment und am besten an einem Stück passieren sollte. Kafka setzte beim Schreiben daher eher auf Spontanität als auf Planung. Diese Herangehensweise an das Schreiben zeigt sich auch in seinem Werk. Das Urteil beispielsweise entstand in einer einzigen Nacht, was Kafka als Idealzustand des Schreibens betrachtete.

Kafkas Romane sind allesamt Textfragmente, die erst von den Herausgebern zusammengefügt werden mussten. Beispielsweise sind die einzelnen Kapitel von Der Prozess nicht sortiert. Kafkas Schreibtechnik eignet sich besonders für Kurzprosa oder Erzählungen, von denen er viele verfasst hat, darunter Kafkas berühmtestes Werk: Die Verwandlung. Genauso unbestimmt wie seine Schreibtechnik ist auch seine Schreibrichtung. Kafka zählt zu den wenigen Autoren, deren Werke sich nicht einer literarischen Strömung zuordnen lassen.

Unsichtbare Mächte und orientierungslose Protagonisten

Der Prozess zeigt sich Kafkas typischer Schreibstil: Der Protagonist sieht sich von einer unsichtbaren, für ihn nicht greifbaren Macht bedroht. Der Roman definiert den Begriff des „Kafkaesken“: rätselhafte, bedrohliche und absurde Situationen. Selbstentfremdung und Desorientierung stehen im Vordergrund. Der Roman, so wie viele andere bieten unendliche Möglichkeiten der Interpretation genauso wie die verbliebenen Manuskripte selbst. Kafka mischte oft seine literarischen Notizen mit seinen privaten und verwischte ähnlich wie in seinen Romanen damit Grenzen. Editorisch, aber auch literarisch lohnt es sich also, nicht nur an Kafkas Todestag in sein kafkaeskes Universum einzutauchen.

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