Ein Stück Kindheit

Astrid Lindgren (1907-2002), ca. 1960

Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf lautet der volle Name der Heldin aus Astrid Lindgrens Schreibfeder. Um die Autorin der starken und frechen Pippi soll es heute zu ihrem 115. Geburtstag gehen. Und darum, was ihre kranke Tochter und ein verstauchter Fuß mit der Entstehungsgeschichte rund um Pippis Abenteuer zu tun haben.

von CELINA FARKEN

Astrid Anna Emilia Lindgren, geborene Ericsson, kam am 14. November 1907 bei Vimmerby in Schweden zur Welt. Sie wuchs als Zweitälteste mit ihren drei Geschwistern Gunnar, Stina und Ingegerd auf. Zusammen lebten die Geschwister mit ihren Eltern Samuel, der Pfarrhofpächter war, und der Mutter Hanna auf einem Bauernhof. Lindgren selbst sagt, dass das Leben dort ähnlich wie bei den Figuren ihres Kinderbuches Bullerbü verlaufen sei – glücklich und unbeschwert auf alle Fälle. Schon in ihrer Schulzeit schrieb sie besonders gute Aufsätze und machte 1924 ein Volontariat bei der Zeitung Vimmerby Tidning. 1934 wird dann ihre Tochter Karin geboren, die ihr später die Idee zu Pippi Langstrumpf liefern sollte. Ihren Kindern Karin und Lars erzählte sie oft Geschichten, wollte aber nie Bücher schreiben, da sie sich das nicht zutraute, obwohl sie oft zu hören bekam, dass sie wohl später einmal Schriftstellerin werden würde.  Das Schreiben begann sie erst, als sie bereits um die 40 Jahre alt war. 1944 wurde ihr erster Roman Britt-Mari erleichtert ihr Herz veröffentlicht. Lindgren fand das Erwachsenwerden überhaupt nicht lustig. Daher ist es nicht überraschend, dass die Helden und Heldinnen ihrer Bücher Kinder sind. Kinder, die Vorbilder für andere Kinder sein sollen, aber auch für Erwachsene.

Mama, erzähl mir eine Geschichte!

Die Idee zu Pippi Langstrumpf verdanken wir Lindgrens Tochter Karin. Die lag mit einer Lungenentzündung im Bett und bat ihre Mutter, etwas zu erzählen. Die fragte, was sie denn erzählen sollte. Die Tochter erfand den Namen Pippi Langstrumpf und da begann Lindgren, sich Geschichten zu ihr auszudenken. Karin und ihre Freunde zeigten große Begeisterung an der Figur der Pippi Langstrumpf und Lindgren musste immer wieder von ihr erzählen.  Ein weiterer Krankheitsfall sollte dazu führen, dass sie die Geschichte zu Papier brachte – Lindgren verstauchte sich den Fuß und begann die Geschichte Pippi Langstrumpfs ans Bett gebunden aufzuzeichnen. Das Manuskript war als Geschenk zu Karins 10. Geburtstag gedacht, Lindgren beschloss aber auch, dem Verlag Bonnier eine Abschrift zu schicken. Zunächst wurde das Manuskript allerdings abgelehnt. Dennoch hatte sie den Spaß am Schreiben entdeckt und blieb dabei. Später gewann sie bei einer Ausschreibung den ersten Preis mit dem Manuskript zu Pippi Langstrumpf und das Kinderbuch erschien doch noch im Rabén und Sjörgren Verlag, nachdem der erste Versuch gescheitert war.

Pippi, Ronja und die Kinder von Bullerbü

Lindgrens Figuren haben Kultstatus. Ob Pippi, Ronja oder auch die Kinder von Bullerbü. Alle haben sie eins gemeinsam: Sie dürfen Kind sein. Ohne dass man sie belehren möchte. Sie sind starke, rebellische Figuren. Sie sind Vorbilder für viele Kinder, sich durchzusetzen und ihre kindliche Seite auszuleben, selbstbewusst und mutig zu sein. Im Vordergrund ihrer Bücher steht immer der Spaß vor jeder anderen Absicht, denn eine andere Absicht als Unterhaltung gäbe es laut Lindgren nicht. Sie selbst sagte auf die Frage, was sie beim Schreiben inspiriere, „dass das Kind, das ich einst war, das einzige ist, was mich inspirieren kann“. Astrid, der das Erwachsenwerden immer langweilig erschien, wollte mit ihren Geschichten auch ihr eigenes inneres Kind unterhalten und nichts anderes würde sie sich für ihre Leserschaft wünschen. Sie erinnerte sich, einen Zettel bekommen zu haben, auf dem stand: „Danke, dass Sie meine düstere Kindheit erhellt haben.“ Sie sagte: „Das reicht mir. Wenn ich auch nur eine einzige düstere Kindheit erhellen konnte, bin ich zufrieden.“ Wenn Sie also selbst ihr inneres Kind unterhalten und erhellen wollen, sollten sie Pippi, Ronja und Co. zu dieser Gelegenheit vielleicht aus dem Regal kramen.

Meine Empfehlungen:

Astrid Lindgren: Pippi Langstrumpf. Gesamtausgabe in einem Band

Oetinger Verlag, 400 Seiten

Preis: 18,00 Euro

ISBN: :978-3-7891-2944-5

Astrid Lindgren: Ronja Räubertochter

Oetinger Verlag, 240 Seiten

Preis: 15,00 Euro

ISBN: 978-3789129407

Astrid Lindgren: Das entschwundene Land. Übersetzt von Anne-Liese Kornitzky

Oetinger Verlag, 104 Seiten

Preis: 13,00 Euro

ISBN: 978-3789141683

Kommentar verfassen