Herr Theodor Fontane aus der Fontane-Stadt

Theodor Fontane – Gemälde von Carl Breitbach, 1883

Kaum ein deutscher Schriftsteller wird mehr mit dem poetischen Realismus in Verbindung gebracht als er: Theodor Fontane. Mit zahlreichen Gedichten, Erzählungen oder Fortsetzungsromanen entführt Fontane auch jetzt noch begeisterte Leser und Leserinnen aus ihrem Alltag. Heute wäre der Schriftsteller 203 Jahre alt geworden – ein guter Grund, um sich ihn und seine Texte näher anzusehen.

von VIKTORIA GORETZKI 

„Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, / Ein Birnbaum in seinem Garten stand (…)“ – kennen Sie den Anfang dieser im Jahr 1889 veröffentlichten Ballade? Zugegeben, sie passt besser in die Herbst- als jetzt in die Winterzeit, aber dennoch zählt Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland von Theodor Fontane vermutlich zu den bekanntesten Gedichten, die heute noch in der Schule auswendig gelernt werden müssen und fortan immer im Gedächtnis bleiben. Neben zahlreichen Gedichten schrieb Fontane für Zeitungen und verfasste auch einige Romane, die ebenfalls noch heute gern gelesen werden. Irrungen, Wirrungen, Frau Jenny Treibel oder der 1895 erschienene Fortsetzungsroman Effie Briest sind klassische Beispiele für den literarischen Realismus in Deutschland. Doch wer war Theodor Fontane?

Apotheker, Schriftsteller, Reisender

Heinrich Theodor Fontane wird am 30. Dezember 1819 in Neuruppin geboren. Die im Norden Brandenburgs liegende Stadt genießt heute auch den Beinamen „Fontanestadt“ – und das muss man erst mal schaffen, dass eine Stadt nach einem benannt wird, oder? 1836 geht Fontane nach Berlin, um eine Lehre als Apotheker zu beginnen. Damit folgt er seinem Vater, dem eine große Apotheke in Neuruppin gehört. Mit Abschluss seiner Apothekerausbildung 1839 beginnt Fontane, einige Novellen zu veröffentlichen. Nur ein Jahr später folgen Gedichte und ein Umzug nach Burg bei Magdeburg, wo er eine Stelle als Apothekergehilfe antritt. Nach längerer Krankheit, während der er zu seinen Eltern zurückzieht, die mittlerweile im brandenburgischen Letschin wohnen, arbeitet er schließlich in der Apotheke seiner Familie. Ende der 1840er Jahre widmet sich Fontane vermehrt dem Schreiben und verfasst einige politische Artikel für die Dresdner Zeitung. In den 1850er Jahren wird er Mitglied der Redaktion der Neuen Preußischen Zeitung, für die er bis 1870 arbeitet. Während seiner journalistischen Tätigkeit reist Fontane sehr viel – neben Dresden lebt er einige Zeit in London und verbringt 1864 auch eine längere Zeit in Dänemark, um über den Deutsch-Dänischen Krieg zu schreiben.

Literarischer Realist

Fontane schreibt nicht nur Gedichte und Romane, er übersetzt 1842 auch Shakespeares Hamlet und verfasst zahlreiche Briefe sowie Reiseliteratur. Letztere erfreut sich sehr großer Beliebtheit. Fontanes Romane entstehen zum Großteil nach seinem sechzigsten Lebensjahr und sind bekannt für den eher nüchternen Stil. Die auktorialen Erzähler beschreiben die Figuren und ihre individuellen Arten, sich auszudrücken, aus einer kritischen Distanz, wodurch Konflikte – vor allem aufgrund gesellschaftlicher Konventionen – besonders in den Vordergrund gestellt werden. Die Stadt Berlin, in welcher er einen Großteil seines Lebens verbringt und 1898 auch stirbt, dient dabei besonders als Inspirationsquelle. Der 1888 als Fortsetzungsroman in der Vossischen Zeitung erschienene Text Irrungen, Wirrungen beispielsweise spielt in Berlin. Erzählt wird die nicht standesgemäße Liebe zwischen dem Baron und Offizier der preußischen Armee Botho von Rienäcker und der bürgerlichen Lene Nimptsch, die ihre Liebe vor der Gesellschaft und ihren Familien beweisen müssen. In dem von 1894 bis 1895 erschienenen Gesellschaftsroman Effie Briest – der wohl bekannteste Titel Fontanes – wird ein geliebtes Stilmittel Fontanes besonders deutlich: das Spiel mit Motiven. Vor allem zu Beginn des Romans streut Fontane bereits einige Motive ein, die auf die Persönlichkeit Effies sowie das Ende des Romans hindeuten sollen. Falls Sie Effie Briest noch nicht kennen: Es geht um die siebzehnjährige Effie, die auf Wunsch ihrer Eltern den fast doppelt so alten Baron von Innstetten heiratet. Die junge Protagonistin ist in der Ehe allerdings nicht glücklich – was sich ändert, als sie den charmanten Major Crampas kennenlernt. Wie es nun aber mit Lene und Botho oder auch mit Effie Briest weiter geht, müssen Sie selbst herausfinden. Es sind ja noch ein paar Tage Zeit, bis die Arbeit im neuen Jahr wieder losgeht – Fontanes 203. Geburtstag heute, am 30. Dezember, eignet sich somit perfekt, um nochmal – oder auch zum ersten Mal – in die Romane einzutauchen. Nehmen Sie sich also Ihre Ausgabe von Effie Briest, von Irrungen, Wirrungen oder Ihrem liebsten Fontane-Buch, eine Tasse Tee oder Kaffee, denn: „Irgendein Philosoph, und es muss einer der größten gewesen sein, hat einmal gesagt, das sei das Beste am Kaffee, dass er in jede Situation und Tagesstunde hineinpasse“ und genießen Sie die Wintertage!

Ein paar Empfehlungen:

Theodor Fontane: Effie Briest
Insel Taschenbuch, 364 Seiten
Preis: 6,00 Euro
ISBN: 978-3458357261

Alternativ die schöne Schmuckausgabe (ein Hingucker im Regal!):

Theodor Fontane: Effie Briest
Coppenrath, 304 Seiten
Preis: 24,00 Euro
ISBN: 978-3649638223

Theodor Fontane: Irrungen, Wirrungen. Herausgegeben von Helmuth Nürnberger
Dtv, 240 Seiten
Preis: 10,90 Euro
ISBN: 978-3423145503

Theodor Fontane: Frau Jenny Treibel oder »Wo sich Herz zum Herzen find’t«
Insel Verlag, 230 Seiten
Preis: 5,00 Euro
ISBN: 978-3458362067

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