„Lern im Leben die Kunst, im Kunstwerk lerne das Leben.“

Porträt Friedrich Hölderlins (1770–1843) von Franz Carl Hiemer (1768–1822), circa 1792

Friedrich Hölderlin (1770–1843) gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der deutschen Romantik. In seinem literarischen Schaffen vereint er Philosophie, Mythologie, Antike und Natur mit einem einzigartigen Stil voller Komplexität und Intensität. Zu seinem 253. Geburtstag lassen wir sein literarisches Schaffen nochmal Revue passieren.

von JULIA LEWEN

Geboren im Jahre 1770 in Lauffen am Neckar, wuchs der Dichter in einer lutherischen Pfarrersfamilie auf und studierte Theologie, Philosophie sowie Literatur in Tübingen. Hölderlin begann seine Karriere als Hauslehrer und Übersetzer, bevor er sich ganz der Dichtung widmete. Seine bekanntesten Werke sind die Gedichtsammlung Gedichte (1826 herausgegeben) und der Roman Hyperion oder der Eremit in Griechenland (1797–1799). Im Alter von nur 36 Jahren erlitt der Dichter einen Nervenzusammenbruch und verbrachte den Rest seines Lebens in verschiedenen psychiatrischen Einrichtungen. Trotz seines geistigen Zustandes schrieb er weiterhin Gedichte und verfasste sogar einige seiner berühmtesten, darunter Der Ister (entstanden im Zeitraum zwischen 1802 und 1806) sowie Brot und Wein (1800/1801 fertiggestellt, 1807 herausgegeben).

Hölderlins Hyperion

In Hölderlins Werken spiegeln sich viele seiner Weltansichten und Überzeugungen wider. So war er zum einen stark von der griechischen Mythologie und Antike beeinflusst, die er als Vorbild für die moderne Gesellschaft betrachtete. In den griechischen Tragödien sah er ein Modell für die menschliche Erfahrung. Diese Motivik findet sich in vielen seiner Werke – so auch im Hyperion, dem einzigen Roman des Lyrikers. Das romantische Werk setzt sich mit Idealismus, Schönheit und der Stellung des Individuums in der Gesellschaft auseinander. Der Roman erzählt die Geschichte des gleichnamigen Protagonisten Hyperion, ein griechischer Philosoph und Dichter, der nach einer höheren Wahrheit und einem Sinn im Leben sucht. Hyperions Suche führt ihn auf eine Reise durch verschiedene Teile von Griechenland im frühen 19. Jahrhundert. Unterwegs trifft er auf eine Vielzahl von Figuren, die verschiedene Aspekte der griechischen Gesellschaft repräsentieren. Die Spannung zwischen Individualismus und Gemeinschaft stellt ein zentrales Thema dar. Auch wird die Rolle von Kunst und Poesie im Leben des Menschen beleuchtet. Durch seine Auseinandersetzung mit Idealismus, Individualismus und der Kraft der Kunst hat der Roman die deutsche Literatur und Philosophie nachhaltig beeinflusst.

„Aber du wirst richten, heilige Natur!“

Ihr Wälder schön an der Seite,
Am grünen Abhang gemalt,

Wo ich umher mich leite,
Durch süße Ruh bezahlt
Für jeden Stachel im Herzen,
Wenn dunkel mir ist der Sinn,
Den Kunst und Sinnen hat Schmerzen

Gekostet von Anbeginn.

(Auszug aus dem Gedicht Der Spaziergang, entstanden zwischen 1820 und 1830)

Seine Gedichte sind oft von einer tiefen Sehnsucht nach einer idealen Welt geprägt, in der alle Elemente im Einklang miteinander sind. Diese ideale Welt versuchte der Lyriker in der Natur, Kunst und der Liebe zu finden. Hölderlin strebte nach einer harmonischen Vereinigung von Natur und Mensch und suchte Schönheit in der Welt um ihn herum. In seiner Lyrik zeigt sich vor allem auch seine oft komplexe Sprachkunst, mit deren Bildern er sowohl die Schönheit der Natur als auch die Tiefen der menschlichen Seele widerspiegelt.

Empfehlung:

Friedrich Hölderlin: Hyperion

Anaconda, 176 Seiten

Preis: 3,95 Euro

ISBN: 978-3-938484-19-7

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