„Vom Fortgehen und Zurückkommen“

Raoul Schrott: Inventur des Sommers. Über das Abwesende,
Cover: Carl Hanser Verlag

In Inventur des Sommers. Über das Abwesende versucht Raoul Schrott sich dem Verschwundenen, nicht mehr Sichtbaren und in den Zwischenräumen verloren gegangenen literarisch anzunähern. Seine Gedichte und Essays mäandern mal in poetischen Reflexionen, kreisen mal um sich selbst. Am Ende bleibt die Frage, wie viel es über etwas, das nicht da ist, wirklich zu sagen gibt.

von JOAH KULMS

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Wenn parasoziale Beziehungen Psychotherapien ersetzen

Rin Usami: Idol in Flammen, Cover: Kiepenheuer & Witsch

Die japanische High-School Schülerin Akari hat es aufgegeben, ihre psychischen Probleme therapieren zu lassen. Stattdessen stürzt sie sich in die Welt der japanischen Popindustrie und setzt ihre psychische und körperliche Gesundheit aufs Spiel. Rin Usami macht in ihrem Roman Idol in Flammen gleich auf mehrere Gesellschaftsprobleme aufmerksam: die toxischen Aspekte der Fankultur, die Machenschaften der Musikindustrie und die dunkle Seite von Social Media. Das alles auf nur 125 Seiten.

von VANESSA MUSZARSKY

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Gemeinsam einsam

Mieko Kawakami: All die Liebenden der Nacht, Cover: DuMont

Einsamkeit ist nicht nur ein Problem alter Leute, deren Bekannten- und Freundeskreis langsam ausstirbt. In All die Liebenden der Nacht verdeutlicht Mieko Kawakami das anhand einer Lektorin Mitte 30, die jenseits ihrer Arbeit sozial völlig isoliert ist. Kawakami verwebt die Themen Einsamkeit, Frausein und Alkoholismus zu einem Roman, der an vielen Stellen überzeugt, es jedoch nicht durchgehend schafft, die Tiefe der angesprochenen Themen zufriedenstellend auszuleuchten.

von CAROLIN KAISER

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Der Absturz des Schwebenden

Dževad Karahasan: Einübung ins Schweben, Cover: Suhrkamp

Alles andere als leichte Kost: Dževad Karahasans Werk Einübung ins Schweben erörtert existenzielle Fragen vor der Kulisse des belagerten Sarajevos während des Bosnienkrieges. Der Roman des jüngst verstorbenen bosnischen Schriftstellers liefert Denkanstöße, kann sprachlich jedoch nicht auf ganzer Linie überzeugen.

von NICOLAS UHRBERG

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Eine Frau überlebt

Elodie Harper: Die Wölfe von Pompeji; Cover: Piper

Pompeji: Die antike Stadt, die im Jahr 79 n. Chr. durch den Vulkanausbruch des Vesuvs in Feuer, Flammen und Glut vernichtet wurde. Diese und viele weitere Geschichten über Schlachten, Eroberungen und die Befreiungskriege Roms sind uns wohl bekannt. Caesar, Crassus, Spartacus: Männer, die die Geschichte geformt haben. Elodie Harper eröffnet mit Die Wölfe von Pompeji einen anderen Blickwinkel auf diese Zeit. Sie erzählt die Geschichte einer Frau, die unter der männlichen Gewalt überlebt – jedoch mit vielen stilistischen Schwächen. 

von MAJA GRÜTER

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Verrückt sind ja immer die anderen

Angela Lehner: Vater unser Cover: dtv Verlag

Angela Lehners Roman Vater unser erzählt die Geschichte einer narzisstischen Protagonistin, die sich in eine Psychiatrie einweisen lässt, um ihren Bruder zu retten. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Lüge immer mehr und lassen den Leser mit vielen offenen Fragen zurück. Das Buch wurde mit dem Debütpreis des Österreichischen Buchpreises 2019 ausgezeichnet.

von PAULA BURMEIER

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Sex mit der Ex und einem Ehepaar

Sally Rooney: Gespräch mit Freunden; Cover: Luchterhand

Es ist eine wilde Geschichte voller Eskapaden, in die sich Frances und ihre Ex-Freundin hineinmanövrieren.Sie geraten an ein Ehepaar, dem sie beide jeweils schöne Augen machen. Sally Rooneys Gespräche mit Freunden gibt sich an vielen Stellen jung und hip – gerade darin liegt jedoch der Schrecken dieses Buchs: Ist unsere Generation denn wirklich so verklemmt, wie es hier den Anschein hat?

von THOMAS STÖCK

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Dr. Überlebenskampf, oder wie ich lernte mit der Bombe zu leben

John Hersey: Hiroshima, Cover: Jung und Jung Verlag

Angesichts der aktuellen Nachrichtenlage wirkt ein Buch über einen Atombombenabwurf vielleicht nicht auf jedermann wie die ansprechendste Lektüre. Für John Herseys Reportage Hiroshima lohnt es sich aber, die Komfortzone zu verlassen. Leserinnen und Leser erwartet kein billiger Katastrophenvoyeurismus, sondern ein Vorzeigestück in der Verbindung von Journalismus und romanhafter Erzählweise.

von CAROLIN KAISER

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Ein Tanz in Ketten

R. F. Kuang: Babel; Cover: Harper Collins

Wie der Titel des Romans bereits vermuten lässt, beschäftigt sich Babel: Or the Necessity of Violence: An Arcane History of the Oxford Translators’ Revolution mit der zwingenden Macht von Sprache. Rebecca F. Kuang denkt die Geschichte des britischen Imperiums neu: In ihrem Großbritannien des 19. Jahrhunderts dreht sich alles um die Übersetzung. Der Staat zieht seine Macht aus der Magie, die den zwischen Sprachen verloren gehenden Sinn einfängt. Trotz einiger gestalterischer Schwächen gelingt es Kuang, eine eingehende Betrachtung der Zusammenhänge von Sprache, Kolonialismus und der Notwendigkeit des Widerstands anzustellen.

von JOAH KULMS

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Der Spieler und bunt bedruckter Pappkarton

Sebastion Golla: Lebende Legenden; Cover: Stable Diffusion

Kaufen, sammeln, spielen: Die Leidenschaft für Sammelkarten ist zu einer etablierten Nische für Millionen von Menschen herangewachsen. Während manche seit ihrer Kindheit den Sammelkarten treu geblieben sind, entdeckt Rufus Klipsch, Protagonist von Sebastian Gollas Lebende Legenden, seine Jugendliebe neu – und verliert sich zusehends in seinem Hobby. Eigenwillig, dabei stets rational-nüchtern erzählt Gollas Protagonist von einem kunterbunten Abenteuer einer Nischenkultur: der Spielkartenturnierwelt.

von THOMAS STÖCK

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