Letzte Landung in der Hohlwelt

Clemens J. Setz: Monde vor der Landung, Cover: Suhrkamp Verlag

Welchem Büchner-Preisträger ließe es man wohl durchgehen, einen so ganz unironischen Roman über einen selbstgerechten Fanatiker zu schreiben? Nun… Aber wer könnte es so behutsam und literarisch einwandfrei umsetzen wie Clemens J. Setz in seinem neuen Buch? Weniger verspielt als seine anderen Werke, ist Monde vor der Landung trotz einigen Zweifeln ein großartiger Roman. Denn die Geschichte des historischen Hohlwelt-Theoretikers Peter Bender nimmt die Leser*innen sofort mit und bietet ein Einfühlungsvermögen, das bei einem solchen Protagonisten ein kleines Wunder ist.

von FELIX JUETERBOCK

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Von Wortträumereien und Übersetzen

Pascal Mercier: Das Gewicht der Worte; Cover: Hanser Verlag

Es wird mal wieder Zeit für einen Throwback-Thursday! Denn manchmal entdeckt man Bücher für sich ja erst, wenn diese schon eine Weile auf dem Markt sind. So auch Pascal Merciers Das Gewicht der Worte. Im Jahr 2020 erschienen, erzählt der auf Deutsch verfasste Roman die Geschichte eines leidenschaftlichen Übersetzers, dem anfangs die Worte fehlen. Eine Erzählung über das Leben, die Liebe zur Sprache und wie sich beides verändern kann.

von VIKTORIA GORETZKI

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Ukro-Karneval der Tiere

Mike Johansen: Die Reise des Gelehrten Doktor Leonardo und seiner zukünftigen Geliebten, der schönen Alceste, in die Slobidische Schweiz; Cover: Secession.

Einen Landschaftsroman schreiben – das klingt nach einem postmodernen Projekt, das auf die tagesaktuellen Krisen wie den Klimawandel und das Artensterben eingeht. Tatsächlich hat ein solches Vorhaben einer der wichtigsten Vertreter der ukrainischen Schriftstellerriege „Hingerichteten Wiedergeburt“ unternommen: Mike Johansen. In Die Reise des Gelehrten Doktor Leonardo und seiner zukünftigen Geliebten, der schönen Alceste, in die Slobidische Schweiz ist aber etwas faul mit den Figuren … Was sich wohl hinter deren maskenhaften Gesichtern verbirgt?

von THOMAS STÖCK

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Pop und Poesie – und ganz viel dazwischen

Sirka Elspaß: ich föhne mir meine wimpern; Cover: Suhrkamp

Wer mal ein etwas anderes Leseerlebnis haben möchte, der ist bei dem Gedichtband ich föhne mir meine wimpern von Sirka Elspaß genau richtig. Denn normalerweise klären sich die eigenen Fragen im Leseprozess – hier vermehren sie sich nur. Die Frage, was es mit den einzigartigen Gedichten von Elspaß auf sich hat, kann vielleicht nur die Lyrikerin selbst beantworten, doch vielleicht weckt euch die Neugier, der Sache mal selber auf den Grund zu gehen.

von JULIA LEWEN

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Antisemitismus ist nicht Schnee von gestern!

Levi Israel Ufferfilge: Nicht ohne meine Kippa!; Cover: Klett-Cotta

Antisemitismus verbinden die meisten von uns, die nicht dem Judentum angehören, hauptsächlich mit dem Schulunterricht und der deutschen Geschichte. Umso erstaunter sind wir dann, wenn wir von Gewalttaten hören, wie dem Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019. Dass Antisemitismus für viele Juden zum Alltag gehört und nicht erst mit Blutvergießen beginnt, verdeutlicht Levi Israel Ufferfilge in seinem Buch Nicht ohne meine Kippa. Mein Alltag in Deutschland zwischen Klischees und Antisemitismus.

von SHARLEEN WOLTERS

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Was bleibt, sind Erinnerungen

Abbas Khider: Der Erinnerungsfälscher; Cover: Hanser

Das Flucht nicht einfach ist, war klar. Aber wie schwer es sein kann, die alte Heimat hinter sich zu lassen und in einer neuen, fremden Umgebung von vorne anzufangen, davon haben die wenigsten Menschen eine Vorstellung. In Abbas Khiders neuem Roman Der Erinnerungsfälscher wird auf eindrucksvolle Weise die Zerrissenheit eines Geflüchteten zum Gegenstand gemacht.

von SHARLEEN WOLTERS

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Künstlerische Schnitzeljagd

Eckhart Nickel: Spitzweg; Cover: Piper

In Eckhart Nickels Roman Spitzweg geht es um Kunst, ein inszeniertes Verschwinden, einen Gemälderaub und drei Jugendliche, die sich mittendrin befinden. Wenn man sich mit Kunst nicht auskennt, ist das kein Problem, der Roman bietet einen vielfältigen Einblick und der Erzähler selbst kennt sich auch nicht mit Kunst aus – behauptet er zumindest.

von CELINA FARKEN

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„Es war alles ganz anders“

Vicki Baum, ca. um 1930

Trivialliteratur, gehobene Unterhaltungsliteratur oder ein intermedialer Geniestreich – an Vicki Baums Romanen scheiden sich die Geister. Ihr größter Erfolg schaffte es sogar auf die Leinwand Hollywoods. Und doch wird Vicki Baum in der Forschung trotz ihrer Karriere bis heute gekonnt ignoriert. Die wenigen, die sich dennoch mit ihr beschäftigen, zeigen auf: Nicht nur in ihren Romanen geht es trubelig und temporeich zu. Vicki Baum lebte für eine Weile das Leben, das sich so viele weibliche Angestellte in der Weimarer Republik wünschten und war damit ein Paradebeispiel der Neuen Frau. Heute wäre sie 135 Jahre alt geworden – und hätte sicherlich groß gefeiert.

von REEMDA HAHN 

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Ein Leseerlebnis wie ein Schlag ins Gesicht

Annika Büsing: Nordstadt; Cover: Steidl

Die Nordstadt: In vielen deutschen Großstädten ist diese Stadtregion pejorativ besetzt. Von Gewalt, Armut und Bildungsferne ist dieser Ort auch in Annika Büsings Roman Nordstadt betroffen. Personifiziert wird dieses Elend in unserer Mitte, das wir nur allzu gerne auszublenden suchen, durch die junge Bademeisterin Nene. Sie durchlebt Traumatisches: Ständig fehlt in ihrer Familie das Geld, ihr Vater schlägt sie, ein Klassenkamerad vergewaltigt sie. Klare Ansage für die Lektüre: Lesen statt wegschauen – und unser Mitleid können wir uns sonst wo hinstecken.

von THOMAS STÖCK

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Faust verstehen lernen

Alexwander Pavlenko / Jan Krauß: Faust; Cover: Edition Faust

„Wie erzähle ich es meinen Kindern?“ Eine Frage, die sich jeder Lehrer und jedes Elternteil stellen sollte, wenn es um die Vermittlung von klassischer Literatur geht. Nicht jeder wird mit der Gabe geboren, Goethe und Co. schon mit der Muttermilch aufzusaugen und jede Buchseite wie eine Rabelais’sche Figur zu verschlingen. Damit die Kiddies dennoch auf den Geschmack kommen, könnten wir doch mal etwas Neues versuchen: Faust als Graphic Novel zum Beispiel.

von THOMAS STÖCK

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