Kommt hier die deutsche Maus?

Barbara Yelin, Miriam Libicki, Gilad Seliktar: Aber ich lebe; Cover: C. H. Beck

Zeitzeugen sprechen über die Shoah: Das Thema begleitet uns seit über 70 Jahren, doch auserzählt ist es noch lange nicht. Der Graphic-Novel-Band Aber ich lebe wagt sich an das Thema durch Überlebendenberichte aus Kinderperspektive heran. Insgesamt drei Erzählungen überzeugen durch das Beschreiten einzigartiger Pfade des Überlebens und durch die Vielfalt der Zeichenstile. Doch ob es für die Erwartungshaltung reicht, die Aber ich lebe mit Bezugnahmen zu Art Spiegelmans Maus weckt?

von THOMAS STÖCK

Weiterlesen

Revolution in Kinderschuhen

Volha Hapeyeva: Camel Travel; Droschl Verlag

In ihrem Roman Camel Travel lässt die belarussische Autorin Volha Hapeyeva Kindheitserinnerungen aus der Sowjetunion der 80er und 90er Jahre wieder aufblühen, und lässt den Leser dabei an dem Leben eines kleinen Mädchens teilhaben, welches seine ganz eigene Revolution führt. Zwanzig kurze Erzählungen zeichnen ein Bild von dem Leben eines Kindes, das zwischen individuellem Bewusstsein und sowjetischen Idealen steht – und somit einen Drahtseilakt zwischen kollektiven Kindheitserinnerungen sowie sowjetischen Eigenheiten vollführt.

von KRISTINA KUBITZA

Weiterlesen

Ein feministisches Plädoyer an die Macho-Männer

Isabel Allende: Was wir Frauen wollen; Cover: Suhrkamp Verlag

In ihrem autobiografischen Buch Was wir Frauen wollen gewährt Isabel Allende dem Leser intime Einblicke in ihr Leben als Feministin, was – wie sie sagt – bereits im Kindergartenalter begann. Das Werk selbst versteht sich als ein Sachbuch über gelebten Feminismus, Geschlechterungleichheit und – vor allem – der Selbstbestimmung der Frauen. In unaufgeregtem Plauderton berichtet die Bestsellerautorin in Anekdoten, was es bedeutet, eine Frau zu sein.

von ISABEL MANTHE

Weiterlesen

Theorie-Bio-Graphie

EA_Thomä_Kauffmann_Schmid_24914_MR1.inddBeinahe müsste man für das Genre der in Der Einfall des Lebens. Theorie als geheime Autobiographie versammelten Texte einen neuen Namen erfinden, z.B. „theorie-bio-graphisch“. Die darin versammelten Autorenporträts spüren der Verschränkung von Theorie und Autobiographie bei 25 namhaften Denkern des 20. Jahrhunderts nach und bieten so nicht nur pointierte kleine Einführungen in deren Werk, sondern werfen auch ein neues Licht auf das Verhältnis von Leben und theoretischem Schreiben.

von BERNHARD STRICKER Weiterlesen

Europas traumatisches Schicksal mit poetischer Kraft erzählt

COVER_Zweig_Welt von gesternWas uns Stefan Zweig in seiner großen, posthum veröffentlichten Autobiographie Die Welt von Gestern – Erinnerungen eines Europäers mitteilt, lässt sich weder als trockener historischer Bericht noch als sentimentale Zeitreise abstempeln. Die Entwicklung unseres Kontinents ist in knapp 500 Seiten dargelegt, voll von subjektiven Impressionen eines wachsamen Schriftstellerauges, frei von jeglicher Zeigefingermoral.

von HELGE KREISKÖTHER Weiterlesen

Die verlorene Armut

Iris Radisch - Das Ideal der Einfachheit   Cover: RowohltZum hundertjährigen Geburtstag des algerischen Denkers und Autors Albert Camus liefert Iris Radisch einen feinfühligen Einblick in sein Leben. Dabei konzentriert sie sich auf das von Camus stets verfolgte Ideal der Einfachheit, das eng geknüpft ist an sein mittelmeerisches Denken, der „pensée de midi“.

von ESRA CANPALAT

Weiterlesen

L’ennui, c’est moi!

DAvid Foster Wallace - Der Bleiche König   Cover KiWiWelches Schicksal muss einen Menschen ereilen, damit er freiwillig den langweiligsten Job der Welt am langweiligsten Ort der Welt erledigt? Der Bleiche König, der letzte Roman von David Foster Wallace, stellt einen Platz vor, um den die meisten lieber einen großen Bogen machen: die US-amerikanische Bundessteuerbehörde.

von KARIN BÜRGENER

Weiterlesen

Das letzte Buch

Urs Widmer - Reise an den Rand des Universums   Cover: Diogenes„Kein Schriftsteller, der bei Trost ist, schreibt eine Autobiographie. Denn eine Autobiographie ist das letzte Buch. Hinter der Autobiographie ist nichts. Alles Material verbraucht. Kein Erinnerungsrätsel mehr.“ Urs Widmer tut es dennoch und beweist in Reise an den Rand des Universums, dass die Geschichte des eigenen Lebens zu erzählen weit mehr ist, als die letzten noch unverbrauchten „Tatsachen“ zusammenzutragen und sie dem Voyeurismus der Leserinnen und Leser preiszugeben.

von SOLVEJG NITZKE

Weiterlesen

Die Duftblumen im Trockengesteck

Das neue Buch Märzveilchen von Sarah Kirsch bemüht sich zwischen Naturbetrachtungen, Zeitgeschichte und Lyrik um Poesie.

Märzveilchen, so heißt die neueste Veröffentlichung längst geschriebener Vergangenheit aus Sarah Kirschs Feder, handelt es sich doch scheinbar um Tagebuchartiges der Autorin vom Dezember 2001 bis zum Herbst 2002. Was hier geboten wird, gibt sich also botanisch und verspricht einen besonderen Duft; doch dieser erscheint eher profan als betörend, eher ungewollt aufdringlich als gekonnt dezent.

Von SYLVIA KOKOT

Weiterlesen