Antisemitismus ist nicht Schnee von gestern!

Levi Israel Ufferfilge: Nicht ohne meine Kippa!; Cover: Klett-Cotta

Antisemitismus verbinden die meisten von uns, die nicht dem Judentum angehören, hauptsächlich mit dem Schulunterricht und der deutschen Geschichte. Umso erstaunter sind wir dann, wenn wir von Gewalttaten hören, wie dem Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019. Dass Antisemitismus für viele Juden zum Alltag gehört und nicht erst mit Blutvergießen beginnt, verdeutlicht Levi Israel Ufferfilge in seinem Buch Nicht ohne meine Kippa. Mein Alltag in Deutschland zwischen Klischees und Antisemitismus.

von SHARLEEN WOLTERS

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„Unser Leben ist wie eine Reise; wir lassen uns nieder und meinen, unser Haus stünde ewig“

Annemarie Schwarzenbach (1908-1942) ca. 1938

Die Schweizer Journalistin, Reiseschriftstellerin und Fotografin Annemarie Schwarzenbach begeht heute, am 15. November 2022, ihren 80. Todestag. Ihr Leben gleicht einer Reise: „Im gewöhnlichen Leben scheint natürlich alles fester und nicht vorübergehend; das Bewusstsein des ‚Episodenhaften‘ verliert sich, man glaubt leichter, dass jeder Tag zu einer Zukunft beitrage, und man vergisst, dass diese Zukunft eines Tages oder Nachts ihr unwiderrufliches Ende hat.“ Sie flüchtet gewissermaßen aus ihrem Elternhaus, beschreibt ferne Länder für andere Menschen, führt ein nomadisches Leben und hinterlässt ein großes Œuvre prosaischer wie lyrischer Texte sowie Fotografien, die nur zum Teil zu Lebzeiten Schwarzenbachs in Buchform sowie in Zeitungen und Zeitschriften erschienen sind.

von JANA SCHRÄDER-GRAU

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Ein Mann der vielen Künste

Selbstporträt E. T. A. Hoffmanns (1776–1822)

Wer sich schon einmal mit den fantastischen und schaurigen Texten der Romantik beschäftigt hat, ist E. T. A. Hoffmann bestimmt begegnet. Mit Erzählungen wie Der Sandmann oder der Sammlung Die Serapionsbrüder begeistert er bis heute eine Vielzahl Leser und Leserinnen und sorgt mit seinen vielfältigen Werken noch immer für viel Gesprächsstoff. Heute vor 200 Jahren ist er gestorben.  

von VIKTORIA GORETZKI

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Zwischen Verliebtsein und Verachtung

Viktor Schklowski: Zoo. Briefe nicht über Liebe, oder Die Dritte Heloise; Cover: Guggolz

Manche ältere Texte schaffen es, sowohl tagesaktuell als auch unglaublich schlecht gealtert zu sein. Viktor Schklowskis (1893–1984) Briefroman Zoo. Briefe nicht über Liebe, oder Die Dritte Heloise von 1923 ist ein solcher Fall. Mit dieser Neuübersetzung hat der Guggolz-Verlag einen Text herausgekramt, der an manchen Stellen durchaus interessante Einblicke in das Leben russischsprachiger Literatenexilanten in den 1920er Jahren liefert. An vielen anderen Stellen jedoch möchte man seinen Schädel an der Wand zerschlagen.

von CAROLIN KAISER

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Als das Ende nahe ist

Hans Fallada: Jeder stirbt für sich allein; Cover: Aufbau Taschenbuch Verlag

Am 5. Februar 1947 – also vor 75 Jahren – starb Hans Fallada. In wenigen Wochen vor seinem Tod verfasste Fallada das Manuskript seines letzten Romans Jeder stirbt für sich allein. 60 Jahre nach der Erstveröffentlichung gelangte dieser Roman durch eine Neuveröffentlichung zu Weltruhm. In seinem Zentrum stehen die Quangels, ein älteres Ehepaar, das sich nach dem Verlust ihres einzigen Sohnes dazu entscheidet, sich dem Hitlerregime entgegenzustellen. Es entspinnt sich eine Geschichte des Widerstands, des Duckmäusertums, des Verrats – und die Spirale der Gewalt, sie dreht sich mit immer höherer Geschwindigkeit.

von THOMAS STÖCK

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Frühaufsteher oder Langschläfer?

Erich Kästner: Der Gang vor die Hunde; Cover: Atrium Verlag

Erich Kästners Der Gang vor die Hunde ist ein Paradebeispiel der Gesellschaftskritik verpackt in Ironie. Zuerst erschienen unter dem Titel Fabian. Die Geschichte eines Moralisten wirft der Roman einen kritischen Blick auf die Gesellschaft der 1930er-Jahre und auf Themen, die auch heute noch aktuell sind. Dieses Jahr kam die Verfilmung des Romans in die Kinos, daher lohnt es sich noch einmal mehr, einen Blick auf die Vorlage zu werfen.

von CELINA FARKEN

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Macht das Mitgefühl beim Dorf-Nazi Halt?

Juli Zeh: Über Menschen; Cover: Luchterhand

Juli Zehs Roman Über Menschen erzählt von Dora, einer Werbetexterin aus Berlin. Dora lotet in Bracken, einem fiktiven Ort in der brandenburgischen Prignitz, ihre physischen und emotionalen Grenzen aus. Sie kauft dort ein Gutsverwalterhaus und lässt Freund und Corona in Berlin zurück. Dort wird sie durch ihren Nachbarn Gote, dem Dorf-Nazi, auf Herz und Vorurteile geprüft. Das Werk hinterfragt den Rassismus eines jeden, pulverisiert Klischees sowie eigene Vorurteile und macht einem die eigene Handlungsfreiheit bewusst.

von LISA THEISSEN

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Der falsche Weg führt aus dem Chaos

Regina Scheer: Gott wohnt im Wedding; Penguin

Es hat einfach nicht gepasst: In Regina Scheers Roman Gott wohnt im Wedding unternimmt die Autorin den anspruchsvollen Versuch, die Parallelen zwischen Antisemitismus und Antiziganismus erzählerisch nachzuzeichnen. Ein Haus als neutraler Beobachter, der Student aus der Romanmaschine und weitere merkwürdige Begebenheiten verhindern jedoch, dass die grundsätzlich ansprechenden Erzählfäden auch eine gelungene Geschichte ergeben.

von THOMAS STÖCK Weiterlesen

Ein neues Dorf für die Weltliteratur

Bela B Felsenheimer: Scharnow Cover: Wilhelm Heyne Verlag

Bela B Felsenheimer: Scharnow Cover: Wilhelm Heyne Verlag

Bela B Felsenheimers Scharnow ist ein Romandebüt, das es in sich hat: Reichlich konfus, voller comicartiger Effekte, Lyrismen, Thriller- und Science-fiction-Anklänge zeichnet der Ärzte-Drummer das sprachliche Panorama einer fiktiven Kleinstadt in Brandenburg, deren Bewohner sich einem Strudel rätselhafter Ereignisse ausgesetzt sehen. Leser, die bereit sind, ihren hermeneutischen Scharfsinn zu vernachlässigen und sich auf einen unterhaltsamen Trip zu begeben, werden begeistert sein.

von HELGE KREISKÖTHER Weiterlesen

Auf dem Weg zu Herrn Lehmann

Sven Regener - Wiener Straße Cover: Galiani Berlin

Sven Regener – Wiener Straße Cover: Galiani Berlin

November 1980 in Berlin-Kreuzberg: Noch sprechen ihn alle mit seinem Vornamen Frank an. Bis er als Herr Lehmann bekannt sein wird, werden noch einige Jahre vergehen. Doch jetzt muss er sich erst einmal seinen Platz zwischen Kneipen, Künstlern und Hausbesetzern suchen. Ob er ihn auf der Wiener Straße finden wird? Zum mittlerweile vierten Mal schreibt Sven Regener über seinen liebenswürdigen Antihelden und dessen Weg zu sich selbst.

von GREGOR J. REHMER Weiterlesen