Ein Blick und dann war es um sie beide geschehen. Wo die Liebe hinfällt, ist meist unergründlich. Wahrscheinlich kommt es genau aus diesem Grund immer wieder dazu, dass Menschen sich ineinander verlieben, obwohl ihre Mitmenschen genau das verhindern wollen. In einer Welt, die jahrhundertelang davon bestimmt war, dass Ehen zum Vorankommen der eigenen Familienbelange instrumentalisiert wurden, füllte die Liebe oftmals nur eine Nebenrolle aus. Und doch sind literarische Liebesbekundungen mindestens genauso alt wie Arrangements zur Verheiratung der Kinder. Und diese Liebesbekundungen waren übrigens schon seit der Antike nicht auf die Zweisamkeit von Mann und Frau gemünzt, sondern erfolgten ebenso zwischen zwei Männern wie zwischen zwei Frauen.
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Karikatur einer Kindsmörderin
Als Medea Rache übte und die Liebe fand der georgischen Autorin Tamar Tandaschwili macht betroffen: Verstörend sind die andauernde physische und psychische Gewalt, der die LGBTQ-Community in der kaukasischen Republik schutzlos ausgeliefert ist. Tandaschwilis Gesellschaftsroman könnte in seiner epischen Plotbreite sicherlich mit Tolstois großen Romanen konkurrieren – würde die Autorin nicht achtlos eine Figur nach der anderen beiseiteschieben und alle Hüllen um den mythischen Medea-Stoff fallen lassen.
von THOMAS STÖCK
Ein Roman wie eine furchtbar lange Kurzgeschichte
Die juristische Unschärfe einer Ehe führt den Leser tief ins Hinterland des Kaukasus und wohl möglich genauso tief in die „russische Seele“ – was auch immer das sein mag. Olga Grjasnowas zweiter Roman changiert zwischen Stereotypen, Vorurteilen, privaten Missverständnissen und Völkerunverständigung.
von ANNA-LENA THIEL Weiterlesen