Antisemitismus ist nicht Schnee von gestern!

Levi Israel Ufferfilge: Nicht ohne meine Kippa!; Cover: Klett-Cotta

Antisemitismus verbinden die meisten von uns, die nicht dem Judentum angehören, hauptsächlich mit dem Schulunterricht und der deutschen Geschichte. Umso erstaunter sind wir dann, wenn wir von Gewalttaten hören, wie dem Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019. Dass Antisemitismus für viele Juden zum Alltag gehört und nicht erst mit Blutvergießen beginnt, verdeutlicht Levi Israel Ufferfilge in seinem Buch Nicht ohne meine Kippa. Mein Alltag in Deutschland zwischen Klischees und Antisemitismus.

von SHARLEEN WOLTERS

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Was bleibt, sind Erinnerungen

Abbas Khider: Der Erinnerungsfälscher; Cover: Hanser

Das Flucht nicht einfach ist, war klar. Aber wie schwer es sein kann, die alte Heimat hinter sich zu lassen und in einer neuen, fremden Umgebung von vorne anzufangen, davon haben die wenigsten Menschen eine Vorstellung. In Abbas Khiders neuem Roman Der Erinnerungsfälscher wird auf eindrucksvolle Weise die Zerrissenheit eines Geflüchteten zum Gegenstand gemacht.

von SHARLEEN WOLTERS

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Zur Schlachtbank in die Wüste

Lauri Kubuitsile: Zerstreuung; Cover: InterKontinental

Für etwas Weidegrund und einen besseren Schutz vor Übergriffen zogen sie in den Krieg – und wurden beinahe vollständig vernichtet: Lauri Kubuitsile berichtet uns in Zerstreuung vom Völkermord an den Herero und kreuzt die Erlebnisse der Überlebenden Tjipuka und ihres Ehemanns Ruhapo geschickt mit der der Burin Riette, welche selbst durch einen Krieg in ihrem bisherigen Leben erschüttert wurde. Die geschickte Psychologisierung einer im Verfall begriffenen Familie führen uns vor Augen, wie furchtbar das ach so fortschrittliche deutsche Kaiserreich wider seinen schwarzen Mitbürgern verfuhr.

von THOMAS STÖCK

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To be, or not to be?

Slata Roschal: 153 Formen des Nichtseins; Cover: homunculus

Es gibt vielleicht keine Frage auf der Welt, die die Menschen mehr umtreibt: Was geschieht nach dem Tod? Dass wir alle eines Tages sterben müssen, sofern in den nächsten Jahren keine medizinische Revolution stattfindet, ist klar. In ihrem Debütroman 153 Formen des Nichtseins stellt sich Slata Roschal die Frage nach dem Leben, dem Tod, und dem Dazwischen – dem Nichtsein. Dabei hält sie nicht ganz, was sie verspricht, aber das ist auch gut so, denn hätte sie das Nichtsein wörtlich genommen, so lägen leere Seiten vor uns. Der Roman hat es auf die Longlist des Deutschen Buchpreises 2022 geschafft, auf der Shortlist fehlt er. Schade.

von REEMDA HAHN

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Deutsch-ägyptische Trauerbewältigung

Annabel Wahba: Chamäleon; Cover: Eichborn Verlag

Der Tod ist ein treuer Begleiter (auto-)biografischen Erzählens. Auch Annabel Wahbas Familienporträt Chamäleon ist aus dem traurigen Anlass entsprungen, dem an Krebs erkrankten Bruder André mit einem Blick auf die eigene Familiengeschichte das Leid zu lindern. Das gelingt der vortrefflichen Erzählerin durch Exkurse in die deutsch-ägyptische Geschichte sowie durch das Aufzeigen der Verflechtungen von zwei auf den ersten Blick differenten Welten.

von THOMAS STÖCK

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Wie Katz und Maus: Der Kangal und der Wolf

Anna Yeliz Schentke: Kangal; Cover: S. Fischer

Anna Yeliz Schentkes Debütroman Kangal berichtet von den sich etablierenden Überwachungsstrukturen in der türkischen Diktatur unter Recep Tayyip Erdoğan in Folge des Putschversuchs 2016. Zur titelgebenden Metapher wird dabei der türkische Hirtenhund Kangal, der sich mutig den Wölfen der Diktatur entgegenstellt. In plastischen, direkten Formulierungen wird ein Klima der Angst aufgerufen, das aufgrund der Sprachmischung eine poetische Einladung wie Herausforderung an deutschsprachige Leser aufbietet. Ein politisch hochbrisanter Roman, aber für den Deutschen Buchpreis zu wenig.

von THOMAS STÖCK

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Kontrovers, Kontroverser, Geschlechtsidentität

Rainer Herrn: Der Liebe und dem Leid; Cover: Suhrkamp

Blickt man in die Meinungsspalten der Zeitungen im In- und Ausland, so merkt man, dass das große Schreckensgespenst „Geschlecht“ – oder im konservativen Neudeutsch: „Gender“ – durch die Lande zieht. Ein Alleinstellungsmerkmal unserer Zeit? Mitnichten, wie Rainer Herrns Monographie Der Liebe und dem Leid. Das Institut für Sexualwissenschaft 1919–1933 zeigt. Das Buch führt uns in die Weimarer Republik und in ihre kontroversen Diskussionen rundum Geschlecht, Sexualität und Geschlechtsidentität. Herrn gelingt dabei der Hattrick der Wissenschaftskommunikation: wissenschaftlich sauber gearbeitet, sprachlich ansprechend und auch für Laien verständlich. Eine Empfehlung!

von CAROLIN KAISER

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Doctor’s Diary (5): 1 Million Tote in 100 Tagen

Viele der ruandischen Traditionen sind durch die Kolonialisierung verlorengegangen. Dazu zählen auch die traditionellen Frisuren, amasunzu genannt.

Wer den Völkermord in Ruanda verstehen will, muss einen Blick in die Geschichte des Landes werfen. Und siehe da: Kolonialismus, Pseudowissenschaft, Machtausübung zu Lasten der Bevölkerung und am Ende überlässt man die Afrikaner sich selbst. Ruanda ist ein Paradebeispiel für die (Post-)Kolonialpolitik der europäischen Staaten – versagt haben sie alle. Inklusive der ruandischen Mehrheitsbevölkerung, die sich von den rassistischen Fantasien der Machthaber einlullen ließ.

von THOMAS STÖCK

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Kinderbuchautor und Satiriker

Erich Kästner (1899–1974) um 1930; Foto: Grete Kolliner

Erich Kästner, dessen Todestag sich heute zum 48. Mal jährt, ist wohl so gut wie jedem aus der Kindheit bekannt – ob Emil und die Detektive oder Das fliegende Klassenzimmer sowie die 2002 erschienene Verfilmung, die jedes Jahr zu Weihnachten gezeigt wird. Kästner hat aber nicht nur Kinderbücher geschrieben. Auch seine Romane und seine Lyrik sind thematisch immer noch aktuell.

von CELINA FARKEN

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„Sie sind aber contra”

Mit Contra präsentiert Sönke Wortmann eine deutschsprachige Filmkomödie über das Verhältnis von Studentin und Professor. Dem großen Themenkomplex des Rassismus an Universitäten wird dabei mit einer angemessenen Ernsthaftigkeit begegnet. Obwohl Contra ein tiefgründiges, lehrreiches und zugleich unterhaltsames Filmerlebnis verspricht, wirkt die Bearbeitung des Rassismusthemas gelegentlich gestelzt. Doch das ist Kritik auf sehr hohem Niveau.

von ALINA WOLSKI

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