Maschinenmenschen im Schönheitswahn

Oskar Panizza: Die Menschenfabrik; Cover: Hoffmann und Campe

Oskar Panizza hat Die Menschenfabrik (1890) noch vor George Orwells 1984 und Aldous Huxleys Brave New World verfasst. Seine Erzählung ist sowohl eine erschreckende Dystopie als auch ein philosophisches Traktat für mehr Menschlichkeit und Ethik in einer auf wirtschaftlichen Erfolg bedachten Welt.

von ALINA WOLSKI

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Ein nur scheinbar obszönes Würstchen

"ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM" am Schauspiel Dortmund Foto: Birgit Hupfeld

“ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM” am Schauspiel Dortmund Foto: Birgit Hupfeld

Sozial schwach wird einmal nicht als politische Worthülse, sondern wörtlich genommen: Die Inszenierung ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM, verfasst von Werner Schwab und inszeniert von Johannes Lepper, welche am 17. Dezember am Theater Dortmund Premiere feierte, ist eine bitterböse Vision mit Realitätsanspruch, die einige Fragezeichen im Geist und einen Klumpen im Magen hinterlässt. Eine etwas andere dramatische Erfahrung, mit der das Schauspiel Dortmund mal wieder überrascht.

von SILVANA MAMMONE Weiterlesen

Vom Aufgang der Sonne…

"Sonnenaufgangsautomat" der scheinzeitmenschen Foto: Jörg Gröger

“Sonnenaufgangsautomat” der scheinzeitmenschen Foto: Jörg Gröger

Pünktlich zur Herbstsaison liefert das Künstler*innenkollektiv scheinzeitmenschen mit der Installation Sonnenaufgangsautomat eine gute Alternative zu den hiesigen Sonnenbänken – nicht nur, um Licht zu tanken, sondern auch, um den bevorstehenden Winterdepressionen helle Momente entgegenzusetzen. Kunst versus Solarium also? Nicht ganz. Trotz diverser Parallelen funktioniert die Arbeit weniger auf einer körperlichen als vielmehr auf einer geistigen Ebene.

von CHRISTOFER SCHMIDT Weiterlesen

Das Scheitern der digitalisierten Menschwerdung

COVER_Schönthaler_Vor Anbruch der Morgenröte_Matthes&SeitzIn seinem Erzählband Vor Anbruch der Morgenröte erschafft Philipp Schönthaler eine Gesellschaft, in der die Menschen durch mangelnde Empfindsamkeit füreinander und durch das gleichzeitige Bedürfnis nach der Aufmerksamkeit anderer vereinsamen. Die Parallelität von nahender und bereits stattfindender Dystopie führt vor Augen, wie weit es mit unserer eigenen Gesellschaft bereits gekommen ist. Und während des Lesens ertappt man sich bei der Frage: Bin das ich?

von THOMAS STÖCK Weiterlesen

Blasses Leuchten

Martin Suter - Elefant Cover: Diogenes

Martin Suter – Elefant Cover: Diogenes

Ein rosa leuchtender Minielefant, ein Obdachloser, eine Tierärztin und ein burmesischer Tierpfleger auf der Flucht vor einem profitgierigen Genforscher in chinesischem Auftrag. Die fantastische Ausgangssituation in Martin Suters neuem Roman verspricht viel, die Handlung bleibt trotzdem blass. Dennoch ist ein unterhaltsames Buch dabei herumgekommen.

von SOLVEJG NITZKE Weiterlesen

Hacker oder Beherrschte?

Pola Oloixarac - Kryptozän Cover: Verlag Klaus Wagenbach

Pola Oloixarac – Kryptozän Cover: Verlag Klaus Wagenbach

Es scheint, als ob trotz wiederholter Hackerangriffe, Wikileaks-Skandale und Geheimdienstenthüllungen noch immer kein umfassendes Bewusstsein über die Überwachung, die unser alltägliches Leben durchdringt, besteht. Mag es daran liegen, dass schlicht die wenigsten verstehen, was hinter den zahlreichen Bildschirmen passiert, die uns umgeben? Wissen wir überhaupt, wie es so weit gekommen ist? Oder ist das Problem noch einfacher: Sind Hacker und ihre Geschichten einfach nicht sexy genug? Mit Kryptozän legt Pola Oloixarac eine Geschichte des Netzes und seiner Akteure vor, die Sicherheit(en) umfassend infrage zu stellen vermag.

von SOLVEJG NITZKE Weiterlesen

My Fabulous Lady

"My Fair Lady" am Schauspiel Essen Foto: Martin Kaufhold

“My Fair Lady” am Schauspiel Essen Foto: Martin Kaufhold

Das Essener Schauspiel landet mal wieder einen Clou: Robert Gerloff beweist mit seiner Inszenierung von My Fair Lady, dass der Pygmalion-Stoff auch knapp 100 Jahre nach seiner bekanntesten Bearbeitung durch George Bernard Shaw nichts an Witz und Schlagfertigkeit verloren hat. Das Publikum erwarten 165 unterhaltsame Minuten, in denen der eine oder andere schiefe Ton gerne verziehen wird.

von ANNIKA MEYER Weiterlesen

Horváth und die Abrissbirne des Kapitalismus

"Kasimir und Karoline - Glauben Lieben Hoffen" am Thalia Theater Hamburg Foto: Krafft Angerer

“Kasimir und Karoline – Glauben Lieben Hoffen” am Thalia Theater Hamburg Foto: Krafft Angerer

Gerade erst ist Jette Steckel mit dem Faust ausgezeichnet worden, nun bringt sie am Thalia Theater wild collagiert gleich zwei Stücke in einem von Ödön von Horváth auf die Bühne: Kasimir und Karoline – Glauben Lieben Hoffen. Ein Versuch, der der Regisseurin in der zweiten Hälfte des Stückes entgleitet.

von NADINE HEMGESBERG Weiterlesen

Alte Gespenster und neue Wunden

COVER_Crimson-PeakDie Heirat einer jungen Frau mit einem Baron und der Einzug in das Haus seiner Familie ziehen schreckliche Folgen nach sich: Guillermo del Toros Gothic-Horror-Film Crimson Peak besticht nicht nur durch seine opulenten Schauwerte, sondern auch durch eine postmoderne und selbstreflexive Erzählweise, die das Horrorgenre als moderne Mythenerzählung ernst nimmt.

von PHILIPP HANKE Weiterlesen

Spätabends inmitten der Beckett’schen Zukunftsversion

Samuel Becketts "Glückliche Tage" und "Das letzte Band" am Schauspiel Dortmund Foto: Birgit Hupfeld

Samuel Becketts “Glückliche Tage” und “Das letzte Band” am Schauspiel Dortmund Foto: Birgit Hupfeld

Winnie ist einsam, Willie ist einsam und Krapp ist einsam. Samuel Beckett positionierte seine Figuren in einem zeitlichen und geografischen Vakuum nach der Apokalypse. Es sind Existenzen im vorletzten Stadium der Auflösung. Man könnte meinen, dass Becketts dystopische Zukunftsversion in weiter Ferne liegt. Marcus Lobbes beweist aber in seiner Dortmunder Inszenierung von Glückliche Tage und Das letzte Band im kleinen Studio des Schauspielhauses eindrucksvoll: Wir sind mittendrin!

von VERENA SCHÄTZLER Weiterlesen