Türchen 1: Töten fürs Träumen

Na, können Sie nicht schlafen? Falls Ihnen der weihnachtliche Stress wieder einmal zu Kopf steigt und Sie nicht mehr wissen, wo Ihnen selbiger steht: Mit Tahar Ben Jellouns Krimi-Komödie Schlaflos kommen Sie ganz schnell auf andere Gedanken! Mit humorigem Augenzwinkern berichtet uns der namenlose Ich-Erzähler, wie er sich vom Drehbuchautor zum Serienmörder mausert – und das alles nur für eine Mütze voll Schlaf…

von THOMAS STÖCK

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Stigma Doppelmörder

Jens Söring: Rückkehr ins Leben; Cover: C. Bertelsmann

Am 17. Dezember 2019 stand Jens Söring auf dem Frankfurter Flughafen und erklärte in die Mikrofone: „Dies ist der schönste Tag meines Lebens“. Der Mann konnte sich gerade das erste Mal seit dem 30. April 1986 frei bewegen. In der Zwischenzeit hatte der heute 55-Jährige im Gefängnis gesessen. Rückkehr ins Leben – Mein erstes Jahr in Freiheit nach 33 Jahren Haft, lautet der Titel des neuen Buchs von Jens Söring.

von STEFAN MANGOLD

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Ich backe mir einen Roman…

Guillaume Musso: La vie secrète des écrvains; Calmann-Lévy

Angesichts der zahlreichen Lobeshymnen auf La vie secrète des écrivains kann man viel von diesem Roman erwarten – doch dem hohen Anspruch wird er nicht gerecht. Er ist widersprüchlich, sprachlich insbesondere bezogen auf die Thematik nicht ausgeklügelt genug und macht jedes Mitdenken der Leserschaft obsolet. Guillaume Mussos fatalster Fehler: Er hält sich nicht an das Rezept, das er selbst in seinem Roman vorgibt.

von ALINA WOLSKI

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Von Rehen und Mystikerinnen – Oder: The Animal Village

Olga Tokarczuk: Der Gesang der Fledermäuse; Schöffling & Co.

Nachträglich für den ausgefallenen Nobelpreis 2018 wurde der polnischen Schriftstellerin Olga Tokarczuk dieser Preis im vergangenen Jahr verliehen. Ihr Roman Der Gesang der Fledermäuse bringt neuen Wind in die Literaturszene. Auch wenn er zu Teilen esoterisch und befremdlich wirkt, zwingt er den Leser immer wieder, sich einer drängenden Frage zu stellen: Woher nimmst du dir das Recht, über die Protagonistin zu urteilen? Ein Roman, der die Andersartigkeit in den Mittelpunkt stellt und ein Umdenken fordert – dieses Mal in unserer Throwback-Thursday-Reihe.

von ALINA WOLSKI Weiterlesen

Barocker Brudermord

Alto-Theater Essen

Dietrich W. Hilsdorf, in NRW und vor allem in Essen längst eine Opernregielegende, kehrt mit einem Barockwerk ans Aalto-Theater zurück: Il primo omicidio Der erste Mord von Alessandro Scarlatti. Für diesen Abend rund um Kain und Abel hat sich das Warten allemal gelohnt: Hilsdorfs farbenreiche Bühnenästhetik passt zum Stoff, während die Essener Philharmoniker, obgleich sie nicht auf historischen Instrumenten spielen, die sinnliche, gleichermaßen lyrische und schroffe Musik unter der Leitung von Rubén Dubrovsky zum Leuchten bringen.

 

von HELGE KREISKÖTHER Weiterlesen

Schachmatt nach 1001 Nacht

Abo Iaschaghaschwili: Royal Mary. Ein Mord in Tiflis. Aus dem Georgischen von Lia Wittek; Cover: Edition.fotoTAPETA

Abo Iaschaghaschwili lässt Tiflis erschaudern: Ein Serientäter scheint in der Stadt sein Unwesen zu treiben. Dabei kommt schnell der Verdacht auf, dass es sich nur um ein großes Spiel handelt. Royal Mary. Ein Mord in Tiflis kann sich derweil nicht entscheiden, ob er nur ein guter Krimi oder zugleich auch hohe Literatur sein möchte.

von ALINA WOLSKI Weiterlesen

Iphigenie bei den Bochumern

"Iphigenie" am Schauspielhaus Bochum Foto: Julian Röder

“Iphigenie” am Schauspielhaus Bochum Foto: Julian Röder

Das Schauspielhaus Bochum zeigt eine Euripides-Jelinek-Melange von Dušan David Pařízek, die vor allem ein Anliegen hat: Geschlechterrollen zu verwischen und zu hinterfragen. Trotz brillanter Schauspieler und einiger verblüffender Regieeinfälle läuft der Abend jedoch etwas ins Leere; nur Weniges bleibt hängen.

von HELGE KREISKÖTHER Weiterlesen

Wer bin ich? Wer will ich sein?

"Penthesilia" am Schauspielhaus Bochum Foto: Monika Rittershaus

“Penthesilia” am Schauspielhaus Bochum Foto: Monika Rittershaus

Viel braucht es nicht, um auf einer Bühne eine spannende und fesselnde, aber gleichzeitig verzerrte und undurchsichtige Atmosphäre zu erzeugen. Dies wird auch in der Bochumer Inszenierung von Kleists Penthesilea auf hohem Niveau gezeigt. Johan Simons macht aus diesem ursprünglich antiken Stoff ein Zwei-Personen-Stück. Zwei Stunden wird der Zuschauer gefesselt und erlebt eine Geschichte von Gewalt und Liebe sowie einen Kampf zwischen – oder mit – den Geschlechtern.

von KEVIN WANCKEL Weiterlesen

Wir sind Hamlet

"Hamlet" am Düsseldorfer Schauspielhaus   Foto: Sandra Then

“Hamlet” am Düsseldorfer Schauspielhaus Foto: Sandra Then

Ein schillernder Prinz, der vom Tod seines Vaters in den Wahnsinn getrieben wird, zieht das Publikum im Düsseldorfer Schauspielhaus in seinen Bann und zeigt das Leben und die Menschlichkeit in all ihren Abgründen. Christian Friedel, seine Band Woods of Birnam und das Ensemble zeigen in Roger Vontobels Inszenierung ein facettenreiches Schauspiel, das mehr als nur einmal die Stimmung eines Poprock-Konzerts hervorruft.

von JASMIN GIERLING Weiterlesen

Sechs Kosmopoliten suchen einen Mörder

Maxim Biller – Sechs Koffer Cover: Kiepenheuer & Witsch

Sechs Koffer ist wahrlich alles andere als Unterhaltungslektüre. Das Vermächtnis des Großvaters Schmihl und die Widerfahrnisse der Familie Biller auf dem Weg aus Prag in den Westen zeichnen das Porträt einer nicht gerade sympathischen Familie, die den teils lebensbedrohlichen Schikanen des Kommunismus zu entrinnen sucht. Mit seinem direkten – man ist dazu verleitet zu sagen: beinahe ordinären – Sprachstil bewegt sich Maxim Biller irgendwo zwischen Krimi, Agententhriller und Familientragödie.

von THOMAS STÖCK Weiterlesen