„Unser Leben ist wie eine Reise; wir lassen uns nieder und meinen, unser Haus stünde ewig“

Annemarie Schwarzenbach (1908-1942) ca. 1938

Die Schweizer Journalistin, Reiseschriftstellerin und Fotografin Annemarie Schwarzenbach begeht heute, am 15. November 2022, ihren 80. Todestag. Ihr Leben gleicht einer Reise: „Im gewöhnlichen Leben scheint natürlich alles fester und nicht vorübergehend; das Bewusstsein des ‚Episodenhaften‘ verliert sich, man glaubt leichter, dass jeder Tag zu einer Zukunft beitrage, und man vergisst, dass diese Zukunft eines Tages oder Nachts ihr unwiderrufliches Ende hat.“ Sie flüchtet gewissermaßen aus ihrem Elternhaus, beschreibt ferne Länder für andere Menschen, führt ein nomadisches Leben und hinterlässt ein großes Œuvre prosaischer wie lyrischer Texte sowie Fotografien, die nur zum Teil zu Lebzeiten Schwarzenbachs in Buchform sowie in Zeitungen und Zeitschriften erschienen sind.

von JANA SCHRÄDER-GRAU

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„Nun sind wir – oder ich, ohne Heimat ohne Wärme ohne – – – – Zeitung.“

Bettina Braun: Das Feuilleton des Exils; Cover: Schwabe

Welche Rolle Zeitungsliteratur und somit auch das Feuilleton für deutschsprachige Exilautor*innen in der Zeit zwischen 1933 und 1945 gespielt haben, ist in der Forschung bislang nicht thematisiert worden. Dr. Bettina Braun (Universität Zürich) hat sich dieser Thematik in ihrer Dissertation Das Feuilleton des Exils. Veröffentlichungen in der Basler National-Zeitung 1933–1945 gewidmet, die im Januar 2022 im Schwabe-Verlag erschienen ist.

von JANA SCHRÄDER-GRAU

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Kleists schwarz-weiße Welt

Heinrich von Kleist: Die Verlobung in St. Domingo; Cover: epubli

In Die Verlobung in St. Domingo treffen die rassistischen Vorurteile des beginnenden 19. Jahrhunderts auf historische Realitäten. Schwarze Menschen sind per se böse, weiße Menschen sind per se gut – und Hauttönen dazwischen sieht man nicht immer an, auf wessen Seite sie stehen. Wenn Geschichten Geschichte beeinflussen.

von THOMAS STÖCK

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Eine Nische den deutschsprachigen Dialekten!

Kurt Marti: wo chiemte mer hi? sämtlechi gedicht ir bärner umgangsschprach Cover: Nagel & Kimche

Ein Jahr nach Kurt Martis Tod ist mit wo chiemte mer hi? die erste vollständige umgangssprachliche Gedichtsammlung des Berners erschienen. Moderne Lyrik in Mundart: Dieses Projekt kommt einer kleinen Revolution der Schweizer Literaturszene gleich – und trifft über 50 Jahre nach seiner ersten Publikation zumindest sprachlich nach wie vor den Zahn der Zeit.

von THOMAS STÖCK

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„Über den Schatten einer Wolke, über das Lied eines Gedankens“

Vladimir Nabokov – Briefe an Véra Cover: Rowohlt

Liest man die Briefe eines Menschen, so erfährt man Grundlegendes über seine Persönlichkeit. Nabokovs Briefe an seine Frau sind Liebesbekundung, Reisebericht, und Zeitporträt in einem. Was sich als Konstante durch sein Leben zieht, ist die Liebe zu seiner Frau Véra. Ihr Verhältnis wird in den nun erstmals in deutscher Sprache veröffentlichten Briefen an Véra dokumentiert. Im unverkennbar brillanten Nabokov-Duktus eröffnen sie die Tür zu der vertrauten Atmosphäre einer über 50 Jahre währenden Beziehung.

von ALINA WOLSKI Weiterlesen

Ungeplante Auferstehung

COVER_Self_LeberknödelEine des Lebens überdrüssige Seniorin auf dem Weg in eine Schweizer Sterbeklinik: Die verwitwete Birminghamerin Joyce Beddoes sitzt im Flieger, der über die English Midlands Richtung Zürich gleitet. Aber darf man überhaupt einen „Termin“ zum Sterben vereinbaren? Mit zeitlosen Fragen rund um die Sinnsuche befasst sich der kürzlich ins Deutsche übersetzte Roman Leberknödel des britischen Schriftstellers Will Self. Ein Happy End scheint bereits am Anfang der schrägen Erzählung zu stehen – und dann kommt doch alles ganz anders.

von ANNA-LENA BÖTTCHER Weiterlesen

Schweizerische Verschwörungen

Martin Suter - Montecristo   Cover: DiogenesDie Schweiz bietet neben Bergen, Käse mit vielen Löchern und treffsicheren Nationalhelden einigen Anlass, interessante Geschichten zu erzählen, denn mitten in Europa schlägt sein finanzielles Herz. Im Umfeld von Finanzkrisen, Steuerdaten-CDs und Geheimdienstskandalen findet sich das kleine Land einmal mehr im Zentrum einer Welt, deren Regeln den Nichteingeweihten – und damit dem größten Teil jeder potentiellen Leserschaft – mehr als obskur erscheinen. Martin Suter mag mit Montecristo der einzige Romancier sein, dem es gelingt, aus dieser Situation einen eleganten Verschwörungsplot zu spinnen, ohne der Versuchung zu erliegen, gleich ein Tom-Cruise-Film-gerechtes Drehbuch abzuliefern.

von SOLVEJG NITZKE Weiterlesen

Die Provokation des Seins

Lukas Bärfuss - Koala   Cover: Wallstein VerlagPutzig ist er, der Koala, wie er da in aller Seelenruhe auf seinem Baum sitzt und an seinem Eukalyptus mümmelt. Wenn Koala aber nun der Spitzname des eigenen Bruders ist, der sich in die Badewanne legt und sich eine tödliche Injektion setzt, will das so gar nicht zu dem Bild des niedlichen Tieres passen. Oder doch?

von KATJA PAPIOREK

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Spurensuche in den Alpen

Cover: Andreas Lesti – Oben ist besser als unten – Verlag: Rogner & BernhardViele Leser stellen sich vor es zu tun, einige machen es sogar, doch selten eröffnet das Wandeln auf den Spuren der literarischen Vorbilder so wundere Perspektiven und Einblicke, wie bei Andreas Lesti. Er gibt in Oben ist besser als unten seiner Sehnsucht nach und lässt sich gänzlich von Büchern leiten. Dabei liest sich seine literarische Expedition in die Alpen fast wie eine literaturwissenschaftliche Analyse mit Abenteuercharakter.

von ALINE PRIGGE

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Wo Himmel und Erde aufeinander treffen

Buti_FlirrenHorizont_RZ02.inddRoland Buti beschreibt eine Welt, die im Begriff ist, vor Hitze zu zerfließen und Konventionen, Traditionen und gewisse Emotionen gemeinsam mit sich in den Untergang zu ziehen. Dieses existenzielle, schriftstellerisch exzellente Familiendrama wurde 2014 mit dem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet.

Von KARIN BÜRGENER Weiterlesen