Ein Ort der Unmöglichkeit

Tomer Dotan-Dreyfus, Birobidschan; Cover: Voland & Quist

Auf die Shortlist des Deutschen Buchpreis hat es Tomer Dotan-Dreyfus mit seinem Roman Birobidschan zwar nicht geschafft, ein überzeugendes Prosadebüt hat der in Berlin lebende israelische Autor aber auf jeden Fall vorgelegt. In einer jüdischen Planutopie am östlichsten Ende Russlands bricht die Außenwelt in das vom Fortlauf der Geschichte merkwürdig entkoppelte Dörfchen ein, als zwei fremde Männer auftauchen. Was folgt ist eine Geschichte, die sich nicht-chronologischer Erzählweisen überzeugend bedient und eines beweist: Dem magischen Realismus geht es gut. 

von CAROLIN KAISER

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Ukro-Karneval der Tiere

Mike Johansen: Die Reise des Gelehrten Doktor Leonardo und seiner zukünftigen Geliebten, der schönen Alceste, in die Slobidische Schweiz; Cover: Secession.

Einen Landschaftsroman schreiben – das klingt nach einem postmodernen Projekt, das auf die tagesaktuellen Krisen wie den Klimawandel und das Artensterben eingeht. Tatsächlich hat ein solches Vorhaben einer der wichtigsten Vertreter der ukrainischen Schriftstellerriege „Hingerichteten Wiedergeburt“ unternommen: Mike Johansen. In Die Reise des Gelehrten Doktor Leonardo und seiner zukünftigen Geliebten, der schönen Alceste, in die Slobidische Schweiz ist aber etwas faul mit den Figuren … Was sich wohl hinter deren maskenhaften Gesichtern verbirgt?

von THOMAS STÖCK

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The Importance of Being Ernest

Passfoto Ernest Hemingways im Jahre 1923. Zu dieser Zeit hielt er sich in Paris auf.

Vor genau 123 Jahren erblickte Ernest Miller Hemingway das Licht der Welt. Bekannt ist er uns heute nicht nur für seinen reduktionistischen Schreibstil, der uns als Eisberg-Theorie geläufig ist. Auch war er ein prototypischer Macho, dessen Figuren genau die Werte verkörpern, die auch Hemingways öffentliches Bild prägten. Doch trotz ihrer Chauvi-Attitüde lässt sich seinen Werken weiterhin viel Positives abgewinnen.

von THOMAS STÖCK

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Zu den Sternen (к звездам)

Ein Bild der russischen Futuristen aus dem Jahre 1912. Sitzend (v. l. n. r.): Velimir Chlebnikov, G. L. Kuzmin, S. D. Dolinsky. Stehend: N. D. Burljuk, D. D. Burljuk und Wladimir Majakowski.

Zurück in die Zukunft, Teil 2: Wie schon letzte Woche in unserem Podcast werfen wir einen Blick in die Vergangenheit – und damit über Umwege in die Zukunft – und erinnern an den 100. Todestag des russischen Futurismus-Vordenkers Velimir Chlebnikov. Mit seinem Versuch einer universalen „Sternensprache“ beeinflusst Chlebnikov nachhaltig die russische Literatursprache. Treten Sie ein in die Welt des russischen Futurismus.

von THOMAS STÖCK

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Tschingis Aitmatow – Eine Liebesgeschichte schöner als Romeo und Julia?

Tschingis Aitmatow bei einer Lesung in Marburg an der Lahn im Jahr 2003, Foto von Andreas Zak.

Er galt als der kirgisische Nationaldichter, sein Vater wurde während der stalinistischen „Säuberungen“ wegen „bürgerlichem Nationalismus“ hingerichtet, er selbst schrieb für die Parteizeitung Prawda und wurde schließlich Botschafter Kirgisistans in Frankreich. Wer war dieser divergente Mann? Wer war der Schriftsteller Tschingis Aitmatow, der am 10. Juni 2008 in Nürnberg starb?

von ALINA WOLSKI

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Zwischen Verliebtsein und Verachtung

Viktor Schklowski: Zoo. Briefe nicht über Liebe, oder Die Dritte Heloise; Cover: Guggolz

Manche ältere Texte schaffen es, sowohl tagesaktuell als auch unglaublich schlecht gealtert zu sein. Viktor Schklowskis (1893–1984) Briefroman Zoo. Briefe nicht über Liebe, oder Die Dritte Heloise von 1923 ist ein solcher Fall. Mit dieser Neuübersetzung hat der Guggolz-Verlag einen Text herausgekramt, der an manchen Stellen durchaus interessante Einblicke in das Leben russischsprachiger Literatenexilanten in den 1920er Jahren liefert. An vielen anderen Stellen jedoch möchte man seinen Schädel an der Wand zerschlagen.

von CAROLIN KAISER

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*zensiert*

Michail-Bulgakow-Skulptur; Українська: Мініскульптура Булгакова, проєкт „Шукай“

Michail Afanassjewitsch Bulgakow wurde heute vor 131 Jahren geboren. Ruhm und Ehre blieben dem sowjetischen Schriftsteller bis zu seinem Tod 1940 im Alter von nur 49 Jahren weitestgehend verwehrt. Zu viel Gesellschaftskritik, zu wenig sozialistischer Realismus – mit den Zensoren der UdSSR lag der gebürtige Kyjiwer im Dauerclinch. Seinen internationalen Durchbruch hatte er daher auch erst Ende der 1960er Jahre – mehr als 20 Jahre nach seinem Tod. Bulgakow ist deshalb vermutlich eines der besten Beispiele dafür, dass gute Literatur ihre Urheber über den Tod hinaus am Leben erhalten kann.

von CAROLIN KAISER

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Im Steinbruch des Textes

Tomas Venclova: Variation über das Thema Erwachen; Cover: Hanser

Variation über das Thema Erwachen lautet der deutsche Titel des dritten Gedichtbandes von Tomas Venclova. Dahinter verbirgt sich ein Parforceritt eines Weltbürgers durch die Welt- und Literaturgeschichte. Für Venclovas Lyrik darf man mit Fug und Recht das Prädikat Weltliteratur bereithalten, muss sich aber auch darauf einstellen, die hochkomplexen Gedichte in einem zeitintensiven Prozess zu dechiffrieren.

von THOMAS STÖCK

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Der Dandy vom Dorf in Kyjiw

Walerjan Pidmohylnyj: Die Stadt; Cover: Guggolz Verlag

Nicht alle Tage kommt es vor, dass man eine solche Perle dem eingestaubten Regal der vergessenen Bücher entreißen kann! Walerjan Pidmohylnyjs Die Stadt gelingt der Spagat, einen der großen europäischen Künstler- und Großstadtromane um 1900 verfasst zu haben und zugleich das Flair einer sowjetischen Tauwetterperiode zu vermitteln, die uns heute weitestgehend unbekannt ist: die der Neuen Ökonomischen Politik und der Ukrainisierung. Doch was in der Literatur ein gutes Ende nimmt, endete für dessen Autor tödlich.

von THOMAS STÖCK

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Ukraine: Sehnsuchtsraum Frieden

Dareg A. Zabarah (Hg.): Charkiw / Charkow (Europa Erlesen); Cover: Wieser Verlag

In der Ukraine tobt ein Krieg, mit dem Wladimir Putin seine Großmachtfantasien zu erfüllen sucht. Darunter leiden die Menschen der Ukraine, die sich mutig den russischen Truppenverbänden entgegenstellen – doch der Krieg nimmt neben den Menschen auch die ukrainische Kultur unter Beschuss. Höchste Zeit für uns, uns das kulturelle Erbe des Landes anhand der Stadt Charkiw ins Gedächtnis zu rufen und uns für die friedliche Völkerverständigung einzusetzen.

von THOMAS STÖCK

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